50% Training und Tapering, 30% Ernährung und 20% Willen – so definieren viele Kona-Veteranen ihr Rezept für ein gutes Rennen. Grund für mich etwas genauer auf die 30% zu schauen.
Backflash: Die Schweizerin Natascha Badmann ist enttäuscht - nicht viel augenscheinlich. Aber sie konnte ihren Titel nach einem harten und langen Arbeitstag nicht verteidigen. Sie hat zwar ihr Lächeln nicht verloren, am Rennabend in der Lobby des Kinkamehameha Hotels in Kailua-Kona. Aber ein bißchen Frustration schwingt mit in der Runde um Toni Hasler, die bei lockerem Smalltalk den Tag Revue passieren läßt.
Am heutigen Tag konnte man erneut bei dem Schweizer Wirbelwind auf dem Rad sehen, wo ihre Achillesferse liegt. Es ist nicht wie allgemein angenommen das Schwimmen oder vielleicht noch der Marathon. Nataschas wunder Punkt, sofern man davon bei einer sechsfachen Weltmeisterin sprechen darf ist in meinen Augen die Ernährung. Die Hasler-Trainingsgruppe achtet sehr auf vollwertige und hoch angereichterte Ernährung mit sehr vielen Mineralstoffen, Vitaminen und dem was gemeinhin als gesund und leistungsförderlich angesehen wird. Damit ist die Truppe fast zwingend auf die „Special Need Bags“, die Eigenverpflegung angewiesen.
Bleibt der Griff zum Beutel in Hawi aus oder verliert man bereits vorher seine Verpflegung auf der Strecke gibt es zwangsläufig Probleme. Der an die hochwertige Nahrung adaptierte Magen-Darm-Trakt rebelliert, wenn er die für viele Sportler völlig ausreichenden und in Training und Wettkampf sinnvollen Angebote auch in seinem Rennen zurückgreift. In der Folge haben solche Athleten oft mit Übelkeit und/ oder Durchfall zu kämpfen. Dies geht in Kona bei den enormen Bedingungen mit dem hohen Mineral- und Wasserverlust meistens mit einem „DNF“ oder zumindest einem großen Leistungseinbruch einher. Natascha hat nicht zum ersten Mal aus einer solchen Situation das Beste gemacht und solide gefinisht.
"Es gibt sicher viele große Talente im Triathlon auf der Kurz- und Mitteldistanz" erklärt der amtierende Weltmeister Normann Stadler. "Allerdings müssen die ihre Grundschnelligkeit erst auf die Langstrecke transferieren und was noch viel entscheidender ist mit der Ernährung zurechtkommen. Sie müssen essen können!" Stadler, der wie auch andere Top-Athleten mit robusterem Magen neben den üblichen Flüssiggels mit Extra-Sodium in Kona auch einmal einen Schokoriegel verdrückt, wenn er Lust verspürt weiß wovon er spricht. Sein kraftvoller Fahrstil und sein muskulöser Körper zwingen ihn zu höherer Kalorienaufnahme, als etwa der von Altmeister Thomas Hellriegel. Der Bruchsaler hat auch seine größten Erfolge mit wenig mehr als einem Powerriegel, 1-2 Bananen, etwas Cola und einem Energiedrink zu Weg gebracht – lange bestehender Radrekord inklusive. Eine Ernährungstaktik, die ihm auch Kritik einbringt - weil er damit mancher Meinung nach weniger Muskelmobilisierung realisieren kann und damit in entscheidenden Rennsituationen keine Reserven für einen Konter hat.
Manchmal treibt die Ernährung auch interessante Strategieblüten. Die Dänin Lisbeth Kristensen nimmt etwa ihren Trinkrucksack nicht nur auf dem Rad mit, sondern kann sich auch bei den letzten 42 Kilometern nicht davon trennen, weil sie Probleme hat ausreichend Flüssigkeit zuzuführen. Ob das Substitutionsdilemma einer objektiven Messung standhalten würde oder eher ein psychologisch-trainingssoziologisches Phänomen darstellt ist noch ungeklärt.
Es soll nur ein weiteres Beispiel der vielen verschiedenen Ernährungstrategien darstellen.
Entscheidend in meinen Augen ist aber, daß man auch unter hoher Leistung mit der im Rennen angebotenen Nahrung klar kommt. Dazu muß man die Substitution von welchem Hersteller auch immer in harten und langen Trainingseinheiten einbauen und in Aufbaurennen genau testen – dann wird es auch was mit dem Ironman (ohne Pause an der Lavamauer)…
Foto: Powerbar Inc.