Auslösendes Moment für diese Momentaufnahme ist die im Dezember veröffentlichte Regeländerung der Deuten Triathlon Union, die inhaltlich eine Verkürzung der Windschattenbox auf 1/3 der ursprünglichen Größe vorsieht: „ § 5.2.3 Dabei gilt eine Windschattenbox von 5 x 2 Metern mittig hinter dem Rad jedes Teilnehmers bis zur Triathlondistanz, 10 x 3 Meter mittig hinter dem Rad jedes Teilnehmers bei Mittel- und Langdistanz.“ Was spricht für und was gegen diese Neuerung im deutschen Triathlonsport? Was sagen die Aktiven und mit dem Triathlonsport verbundene Personen? Wer möchte sich an der Petition, die sich für die alten Abstände einsetzt beteiligen?
Draftathlon.com, Pettion gegen schleichende Abschaffung der Windschattenregelung. Photo: Draftathlon.com |
+ bessere Kontrolle auf Einhaltung der Regel durch die Kampfrichter im Rennen.
+ Radstrecken verkraften eine größere Anzahl von Athleten.
+ der Abstand kann leichter von den Athleten eingehalten werden.
+ Die Breitensportathleten werden auf eine mögliche komplette Aufhebung und Angleichung an das Wettkampfformat im ITU Weltcup vorbereitet
Argumente gegen die Regeländerung
- starke Radfahrer werden benachteiligt, die Verhältnisse der Disziplinen verschieben sich.
- der traditionelle Einzelkämpfercharakter geht verloren.
- die Verletzungs- und Unfallhäufigkeit wird durch die dichten Felder steigen.
- Genehmigung von voll gesperrten Radstrecken könnte (bei weiterer Verkürzung der Box) notwendig werden. Daraus ergibt sich die Gefahr von unattraktiven Strecken, da bestehende Geniesserschleifen auf dem Rad nicht mehr zu realisieren sind.
- unterschiedliche Abstände bei den verschiedenen Streckenlängen sorgen für Verwirrung. Duathlon auf kurzen Strecken ist scheinbar von der Regel ausgenommen.
Stimmen der Triathleten über die Olympische Distanz
Die Deutsche Meisterin über die Kurzdistanz Anja Dittmer hat 2003 dreimal hintereinander ITU-Weltcups gewonnnen und spricht sich dafür aus, die Basis entscheiden lassen.
Anja Dittmer: „ Die neue Regelung mit der 5 x 2 Meter Box lädt natürlich zum Windschattenfahren ein. Bei diesen Abständen ist der Windschatten deutlich spürbar. Da ich als Triathletin der Olympischen Distanz nur noch an Windschattenrennen teilnehme, und hier es zum Glück keine Diskussionen und Disqualifikationen aufgrund von Windschattenfahren mehr gibt, fällt es mir schwer ein objektives Urteil zu fällen.
Ich denke, wenn die Mehrheit der Hobbytriathleten in Deutschland gegen diese Regelung sein sollte, dann sollte sie auch nicht eingeführt werden. Außerdem kann ja jeder faire Sportler seine eigene Box von 10 x 3 Metern einhalten, trotz der neuen Regelung. Wenn alle Athleten zusammen starten und die Leistungsdichte und Anzahl der Athleten hoch ist, wird es immer Probleme mit dem Nichtwindschattenfahren geben, das lässt sich technisch einfach nicht vermeiden. Und der Spaß ist doch der gemeinsame Wettkampf, sonst könnte ja jeder seinen eigenen Triathlon allein zu hause machen, ohne Windschattenfahren, ganz ursprünglich.“
Daniel Unger hat in der Saison 2003 eine Handvoll TOP 10 Platzierungen im ITU Weltcup eingefahren und sieht in der Änderungen einen nötigen evolutionären Schritt für die leistungsorientierten Athleten.
Daniel Unger: „ Sportler haben sich an Regeln zu halten - wenn diese geändert werden, muss man sich auf die neue Situation einstellen und das Beste daraus machen. In der Formel 1 oder beim Skispringen wird ja bald jährlich irgendetwas verändert. Jeder schimpft drüber und zum Schluß gewinnen wieder diesselben Athleten wie die Jahre zuvor.
Natürlich geht der ursprüngliche Einzelkämpfergedanke des Triathleten ein stückweit verloren, wenn man die internationalen Rennen auf der olympischen Distanz betrachtet. doch es ist ja selbst theoretisch nicht mehr möglich in einem 75 Mann starkem Feld die 10x3m Windschattenregel aufrechtzuerhalten, da die Leistungsdichte im Schwimmen zu groß ist. Das Feld wird nicht mehr entzerrt...
Ich denke diese Regeländerung wird nicht ausgesprochen um starke Radfahrer zu ärgern, sondern weil es die Entwicklung unseres Sports so fordert...nur zu oft sieht man doch auch bei den Rennen, wo das Windschattenfahren verboten ist, große Zusammenschlüsse. Die Frage stellt sich: können diese Athleten nicht nach den Rregeln fahren, weil es die Straßenbreite nicht zulässt, oder wollen sie nicht, weil es in der Gruppe eben schneller geht?
Die beiden Alternativen für Athleten, die sich ohne das Schwimmen im Sog des Vordermannes, ohne Windschatten-Lutscherei und ohne das Festbeissen an der Wade des vor einem Laufenden, messen wollen müssen bei Wettkämpfen im Einzelstartmodus mit großen Zeitabständen an den Start zu gehen oder einen Start-Zielsieg im normalen Triathlonhinlegen.
Maik Petzold ist der amtierende Deutsche Meister über die Olympische Distanz und kann sich, sowohl mit der alten als auch neuen Regel anfreunden.
Maik Petzold: „ Ich habe mich mit dem neuen Regelwerk noch nicht so intensiv beschäftigt. Diese Entwicklung ist sicher schade für die Langstreckler, doch der Fortschritt bzw. die Entwicklung einer Sportart hängt eben oft mit dem Regelwerk zusammen! Mir ist es egal ob mit oder ohne Windschatten ich mag beide Varianten auf seine Art und Weise.“
Stephan Vuckovic ist als Silbermedailliengewinner der Olympischen Spiele von Sydney.
Stephan Vuckovic: „ Ich kann das nicht nachvollziehen, aber ich bin ja nur Athlet und nicht Funktionär. Warum gibt man das Windschattenfahren nicht komplett frei? Ich werde mich an die neue Regeländerung halten - sie ist jetzt allen früh genug bekannt und man kann sich darauf einstellen.“
Stimmen der Triathleten über die Langdistanz
Jürgen Zäck hat beim IRONMAN Hawaii (Platz 6) und Opel IRONMAN GERMANY Triathlon (Platz 3) 2003 zugeschlagen. Der Altmeister ist für seinen Raddruck bekannt und hält von den neuen Regelungen herzlich wenig.
Jürgen Zäck: „ Die DTU (Deutsche Triathlon Union) soll sich doch in DDU (Deutsche Drafting Union) umbenennen. Mehr kann man da wirklich nicht mehr zu sagen. “
Lothar Leder ist die dominierende Person des Quelle Challenge Roth und konnte bis vor wenigen Jahren noch in einer Saison auf der Kurz- und Langdistanz auftrumpfen und neben erstklassigen Ergebnissen beim IRONMAN Europe auch den Titel eines Deutschen Kurzstreckenmeisters einfahren. Mittlerweile konzentriert sich Loddl vermehrt auf die Langdistanz. Auch er befürchtet Komplikationen bei den großen Breitensportevents.
Lothar Leder: „ Die neue DTU-Regelung ist in meinen Augen eine ganz schlechte Sache für den Sport. Wir haben doch schon jetzt Diskussionen mit den Kampfrichtern nach so manchen Rennen. Wer soll den ganzen zu erwartenden Ansturm von Disqualifikationen und Einsprüchen bearbeiten, die bei so kurzen Abständen zwangsläufig kommen werden? 5 Meter, 4 Meter, 3 Meter - das kann doch niemand kontrollieren!
Ich sehe vor allem etablierte Breitensportveranstaltungen in Gefahr, die durch solche Diskussionen einen schalen Beigeschmack bekommen. Zudem sind Probleme, bei den zu erwartenden Pulkbildungen in den Genehmigungsverfahren der Veranstalter vorprogrammiert.
ITU/ DTU mögen doch so fair sein und gleich Drafting für alle Rennen freigeben und diese Salamitaktik einstellen. Dann wissen wir alle woran wir sind und können Kurztriathlon zukünftig auf jedem größeren Parkplatz in monotonen Runden stattfinden lassen.“
Normann Stadler hat beim IRONMAN Hawaii 2003 als starker Radfahrer seine Konsequenzen aus einer neuen Windschattenregelung gezogen und ist dem Feld auf und davongefahren. Der Gewinner bei der Wahl zum 3athleten des Jahres 2003 möchte die alten Regeln behalten, kann sich aber auch mit den neuen arrangieren, um weiterhin als Profi seine Leistung bringen zu können.
Normann Stadler: „ Manchmal denke ich, dass die Verantwortlichen für solche Änderungen den Bezug zur Basis völlig verloren haben. Die Windschattenregelung mit der 5x2 Meter Box für die Rennen im DTU Hoheitsgebiet sind eine Ohrfeige für alle guten Radfahrer und verzerren die bisherigen Verhältnisse völlig. Ich für meinen Teil denke nicht, dass die verkleinerte Box auf den kurzen Strecken eingehalten wird. Was hat das mit Triathlon zu tun?
Die WTC hat bei den Rennen in den USA im Jahr 2003 ebenfalls eine neue Windschattenregelung (Stagger rule) eingeführt und für eine Rennverzerrung gesorgt. Ich bin wirklich gespannt, ob sie auch 2004 diese grundlegende Änderung beibehalten werden, oder ob die WTC diesen Fehler eingestehen und revidieren kann.
Man kann sicher immer noch je nach Rennsituation nach vorne solo weg springen, wenn sich die anderen in taktischem Geplänkel beäugen. Das Risiko wie ein Knallfrosch „hochzugehen“ ist dann natürlich sehr viel höher, wenn sich die anderen derweil im Windschatten, der sich aus dem Seitenwind ergibt ausruhen.
Für mich hat das alles nicht viel mit Triathlon zu tun und kann der Anfang vom Ende sein. Ich sehe die Grundfesten des Sports erschüttert: die Faszination des einsamen Kampfes mit sich, gegen die Uhr und seine Umgebung geht verloren. Im Ziel kann man nicht mehr behaupten die Strecke auf sich alleine gestellt hinter sich gebracht zu haben.“
Stefan Holzner hat das Jahr mit einem Paukenschlag eingeläutet, nachdem er überraschend den Opel IRONMAN Germany Triathlon gewonnen hat. Auch danach und im Vorfeld in den Rennen sind gute Erfolge gegen die deutsche Hawaii Armada verbucht worden. Er spricht sich klar gegen die Änderungen aus.
Stefan Holzner: Die Regeländerung finde ich natürlich total für die Katz. Wenn das jetzt jedes Jahr verkürzt wird, sind wir in spätestens 3 Jahren am Hinterrad. Eigentlich sollte man diese Veranstaltungen boykottieren, ich kann nur hoffen, dass meine bis jetzt ausgewählten Kurz- bzw. Mitteldistanzen wie Buschhütten oder Bonn dem Ursprung treu bleiben.
Man braucht für 5 Meter genauso viele Kampfrichter zur Kontrolle wie für 10 Meter, daher verstehe ich nicht, wer so eine Änderung vorschlägt oder einführen will. Allerdings denke ich der Trend geht sowieso mehr zur Langdistanz, bleibt nur zu hoffen, dass dies ein Wettkampf für Triathleten bleibt.
Timo Bracht hat beim IRONMAN Hawaii 2003 unangenehme Erfahrungen mit der neuen Stagger rule gemacht und wurde disqualifiziert. Wenige Wochen später hat er allen ein Schnippchen geschlagen und den IRONMAN Florida gewonnen. Er bedauert die grundsätzlichen Änderungen und empfindet die Abweichungen vom ursprünglichen Sport als zu stark.
Timo Bracht: „ Ich bin beim Quelle Challenge Roth seit 1995 als Zuschauer dabei und habe mir immer gewünscht, so eine Wahnsinnsleistung im Kampf des Einzelnen gegen sich selbst erbringen zu können. 2000 habe ich meine erste Langdistanz beim IRONMAN Europe an dieser Stelle gemacht und konnte auch im Folgejahr dort glücklich finishen. Nachhaltig ist mir in diesen Rennen in Erinnerung geblieben, wie sauber die deutschen Pros fahren und ich ziehe bei Betrachtung der Rennszene noch immer meinen Hut vor Leuten wie Markus Forster und Stefan Holzner.
Ich möchte die nächsten 3-6 Jahre mein Leben als Triathlonprofi gestalten – mit allem drum und dran inklusive Versicherung als Profisportler und den richtigen Sponsoren im Rücken. Da habe ich herzlich wenig Interesse an den Wettbewerb verzerrende Regeländerungen und dergleichen.
Die Regeländerungen sind sowohl bei der WTC für IRONMAN Rennen in den USA und den DTU-Rennen auf den kurzen Strecken völlig falsche Signale. Ich fühle mich frappierend an die Diskussionen 1993 und 1994 in den Magazinen erinnert, wo es um die Einführung des „Draftathlons“ durch die ITU ging. Noch immer ein fataler Fehltritt, der für Stagnation und Rückschritt sorgt. Zudem sollten sich die Verantwortlichen bei Außenstehenden und Sponsoren umhören, die völlig irritiert sind, wenn diese Diskussionen der Rennen in der Öffentlichkeit geführt werden oder sogar in das öffentlich-rechtliche Fernsehprogramm finden. Scheinbar kann man nur so die passenden Leute wachrütteln, da sich dann die Geldgeber regen und irritiert und konstatiert nachhaken, was das für ein sonderbare Sportart sei.
Beim diesjährigen IRONMAN Florida haben sich neben vielen anderen Athleten auch Profis, wie Paula Newby-Frazer gegen die neue WTC-Regel und knallharte Einhaltung der bestehenden Paragraphen ausgesprochen. Darüber hinaus werden dort Erhöhungen des Abstandes bei den Profis auf 15-20 Meter eingefordert. Sicher kann eine am Limit fahrende Gruppe auch bei einem IRONMAN spannend sein - sicher und unbefreit fahren kann man aber bestimmt nur ganz vorne.
Wie unsinnig diese Überlegungen manchmal sind, zeigte sich in Flordia, wo die Stagger rule mitten in der Stadt bei nicht komplett für den öffentlichen Verkehr gesperrten Straßen gleich mit den passenden Ausnahmeregelungen bedacht wurde. Da stellt sich bei Betrachtung der Kurztriathlonszene, die in Deutschland das Rückgrat des nationalen Triathlonbewusstseins darstellt und das Geld in die Kassen des Verbands schwemmt die Frage, wie man bei Gruppen mit 5x2 Metern Abstand unter den einzelnen Fahrern Strecken genehmigt bekommen möchte? Das sind doch für die Behörden und die Polizei geschlossene Gruppen, besonders wenn man mit Sicherheit davon ausgehen kann, dass die Abstände nicht eingehalten werden. Wo sollten auf einmal die einsatzfreudigen Kampfrichter herkommen?
Daher gilt für mich: Wiederherstellung der alten Regelung bei DTU und WTC und sogar Ausweitung der Abstände bei der WTC. Alles andere ist Unsinn!“
Stimmen aus den Verbänden und der Veranstalter
Dr. Klaus Müller-Ott (Präsident der Deutschen Triathlon Union): „ Aus Sicht der Deutschen Triathlon Union (DTU) ist die geforderte internationale Angleichung an das Regelwerk von ETU und ITU notwendig gewesen. Eine weitere Begründung liegt in den vielen Starts ausländischer Athleten an Wettkämpfen der DTU, die eine Angleichung der Standards erfordern. Die einstimmige Beurteilung der deutschen und europiäischen Wettkampfrichter lautet, dass es keine Probleme bei der Angleichung geben wird.“
Rolf Kather (Vorsitzender im Hessischen Triathlon Verband): „ Aufgrund der notwendigen Angleichung der Sportordnung auf Internationale Standards, musste die gesamte Sportordnung der DTU modifiziert werden. Darunter fiel auch die Änderung der Windschattenregel, hier besonders die Verkleinerung der Größe der Windschattenbox. Der HTV sieht die neue Windschattenregel als geeignetes Mittel, um vor allem auf flachen Sprintstrecken im Triathlon und Duathlon für eine Entzerrung der Rennsituation zu sorgen. Weiterhin ist somit den Athleten gedient die so, durch eine nicht änderbare Topographie, nicht mehr so stark gefährdet sind disqualifiziert zu werden. Die neue Regel stellt natürlich eine neue Herausforderung an alle Beteiligten dar, ebenso für die Kampfrichter, wie für die Athleten. Der HTV ist sich sicher, dass die Kampfrichter in Hessen und in den anderen Bundesländer diese Regel mit viel Fachverstand und Fingerspitzengefühl umsetzen werden. Wie bei der alten Windschattregel steht und fällt die Umsetzung der neuen Regel natürlich mit dem Wettkampfverhalten der Athleten,wenn sich alle an das Reglement halten und einen fairen saubern Wettkampf bestreiten, sieht der Hessische Triathlon Verband keine Probleme aufkommen.“
Herbert Walchshöfer (Veranstalter Quelle Challenge Roth): „Weder die neue WTC-Regelung noch die aktuellen DTU-Kriterien zum Windschattenfahren tangieren den Quelle Challenge Roth, gleichwohl haben wir dazu im Interesse der betroffenen Athletinnen und Athleten eine Meinung. Nach wie vor gilt im Triathlonsport die allgemein verbreitete Meinung, dass Windschattenfahren nicht mit dem Geist der Sportart vereinbar ist.
In der Anwendung der neuen Regelungen hat sich gezeigt, dass diese wenig praktikabel sind und dem Anforderungsprofil nicht entsprechen. Wer solche Erfahrungen macht, muß auch den Mut haben zu korrigieren, dazu wollen auch wir mit diesem Statement aufrufen. Nicht zuletzt unser Rennen in Roth hat gezeigt, dass auch große und damit schwierig zu steuernde Starterfelder mit dem alten Regelwerk gut klarkommen, es kommt eben auf die konsequente Auslegung bestehender Vorschriften an. Auch ohne die Übernahme fragwürdiger Neuerungen kann Triathlon weitgehend windschattenfrei bleiben.“
Kurt Denk (Präsident Opel IRONMAN Germany Triathlon): „ Ich habe selten soviel theoretischen Unsinn auf einmal vor Augen gesehen. Wer innerhalb der Funktionärsschichten glaubt mit immer neuen Regelungen dem Sport dienen zu können sollte zuerst einen Kurs in effektiver Sportvermarktung belegen. Das was hier vorgeschlagen wird zielt total in das sportliche und vermarktungsstrategische Nichts! In unseren Rennen (z.B. Opel IRONMAN GERMANY Triathlon) wird es solchen "Kunstkäse" nicht geben.“
Kai Walter (Renndirektor Opel IRONMAN Germany Triathlon): „ Auch ich denke, dass die Windschattenregel bleiben sollte wie sie ist - es ist ein Triathlon und jeder kämpft individuell. Wir haben gezeigt, dass man ein großes Rennen "handeln" kann. Die Regel für die IRONMAN Rennen in den USA halte ich für gewöhnungsbedüftig.
In einem stark besetzten Rennen mit Männer und Frauen, hast Du jede Menge starke Radfahrer, dicht gedrängt mit Age Groupern, die in solch einer Konstellation zu Konflikten führen. In einem Rennen mit überwiegend Age Groupern, die finishen wollen, ist das einfacher. Die hohe Zahl von Profis macht die WTC-Regel schwierig. Windschattenverbot gehört zu IRONMAN, hier gibt es keine Aufweichung.“
Stimmen vom Team 3athlon.de
Dirk Kantlehner: „ Was ich nicht weiß, macht nicht heiß
Da mag man sich nur an den Kopf fassen - still, leise und heimlich änderte die DTU die Windschattenregel über die Kurzdistanz. Kaum eine Ankündigung erfolgte seitens des Verbandes und so ist der Mehrzahl der Triathleten und Veranstalter über die neue Regel überhaupt nicht aufgeklärt. Das Volk soll dumm gehalten werden, denn so kann es keine Gegenwehr von der Basis geben. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
Hurra, es lebe der Draftathlon
Nun ja, jetzt soll sie also kommen, die neue Regel, die den Triathlonsport radikal verändern wird. Wir werden noch mehr Schwimmen und Laufen trainieren und weniger das Radfahren. Kaum eine nennenswerte Bedeutung wird die zweite Disziplin haben, denn aus 5 Meter wird ganz schnell nur noch 1 Meter. Ich sehe die Bilder schon lebhaft vor mir: die Riesenpulks in Hamburg und die vielen Stürze. Dieser neue Sport hat leider nicht mehr viel mit der ursprünglichen Idee des Triathlonsports zu tun und ist in meinen Augen nicht mehr würdig den Namen Triathlon zu tragen. Hurra, es lebe der Draftathlon.
Die falsche Entwicklung
Das heutzutage auch über die Kurzdistanz gedraftet wird, ist unstrittig. Und in NRW hat man teilweise das Gefühl, es ist sogar mehr geworden mit dem Gelutsche auf der Radstrecke. Liegt es an der zunehmend fehlenden Moral der Athleten oder gibt es vielleicht einen Grund? In der Tat es gibt gleich mehrere - so wurde vielfach die ursprüngliche Schwimmstrecke auf 1000 Meter verkürzt. Mehr Breitensportler und Quereinsteiger nahmen am Wettkampf teil und die Veranstalter verzeichneten steigende Teilnehmerzahlen - was wiederum zu mehr Teilnehmer auf der Radstrecke führte. Auch die Rundenanzahl auf der Radstrecke wurde oft reformiert - attraktiver sollte es für die Zuschauer werden und so wurde im schlimmsten Fall aus einer 40 Kilometer-Runde ein 8 x 5 Kilometer Rundkurs.
Wundern darf man sich also über das "Gelutsche" herzlich wenig oder wie sollen denn 400 Athleten auf einem 8 x 5 Kilometer Rundkurs halbwegs die gewünschten 10 Meter einhalten?
Demokratie gegen das Volk - ist Demokratie gegen die Basis
Schaut man sich die Regel in anderen Ländern an, so hat weder Papua Neuguinea noch das Land mit den meisten Triathlons, Australien eine 5 Meter Windschattenregel eingeführt. Warum macht man diesen Unfug in Deutschland? Etwa für die Handvoll Ausländer aus Down Under, die in ihrem Land mehr als 5 Meter bei Non-Drafting Wettkämpfen einhalten müssen? Auch wenn die Australier und Neuseeländer die größten Anzahl der Toptriathleten (max. 20) in Deutschland stellen, ihnen ist es prinzipiell egal auf welchen Wettkämpfen und Formaten sie an den Start gehen - sie sind Profi-Triathleten. Die Angleichung an das internationale Regelment kann es doch wirklich nicht sein! Ist sie es Wert, obwohl die Basis und Mehrzahl der deutschen Toptriathleten eine andere Sportart wünschen als Draftathlon?“
Holger Spiegel: „Die aktuelle Regeländerung ist nur ein weiterer Schritt in die Richtung, die, zumindest von den internationalen Gremien schon vor etwa 10 Jahren eingeschlagen wurde. Damals ging es um die Eingliederung des Sportes ins olympische Programm und wurde von den Funktionären als, für dieses Unterfangen notwendige Voraussetzung artikuliert.
Angesichts verschiedener Draftingexzesse bei nationalen und internationalen Titelkämpfen war damals ziemlich klar, dass Handlungsbedarf vorlag. Die einfachste und möglicherweise auch sauberste Lösung für das Problem war und ist es bedauerlicherweise auch immer noch, die Draftingfreigabe.
Diese Regelveränderung verlagert die Gewichtung der einzelnen Disziplinen und erweitert den Rahmen der taktischen Varianten bei Wettkämpfen um die Teamkomponente. Durch Drafting Freigabe werden so z.B. "Wasserträgerdienste" im den Teildisziplinen Schwimmen und Rad denkbar, wie man sie auch vom Radsport kennt. Dadurch kann es zu völlig anderen Rennverläufen kommen, als man es vom im Grunde eher langweiligen Triathlonsport gewohnt ist. Langweiliger, oder unattraktiver wird der Sport dadurch sicher nicht.
Was vor allem Triathleten der ersten Stunde an dieser Entwicklung stört, ist die Abkehr von der Idee, die für viele mit Triathlon immer noch, zumindest als Ideal, verknüpft ist, nämlich die Idee von einem fairen Kräftemessen über eine bestimmte Strecke, im Kampf nur gegen sich selbst und die Elemente.
Das ist es doch, was uns vorschwebt, und was uns, abgesehen von den Palmen, den rasierten Beinen, und den geilen Rennmaschinen an diesem Sport fasziniert hat.
Wenn man es genau nimmt, gibt es aber schon seit Jahren nur noch ganz wenige Wettkämpfe, deren Realität mit diesem Ideal vereinbar ist. Bei der Mehrzahl der Kurzdistanzen, egal, ob wir uns auf Regionalliga, oder Bundesligalevel bewegen, und auf den meisten Langdistanzen leider auch, wird gelutscht was die Kampfrichter hergeben, und nicht nur von ein paar schwarzen Schafen sondern von vielen. Das ist zum Teil der Streckenführung, zum Teil dem Teilnehmeraufkommen, zum Teil schludrigen Kampfrichtern und leider auch zum großen Teil der Ignoranz und dem verbissenen Ehrgeiz der Athleten zuzuschreiben, die sich einfach nicht am Riemen reißen können.
Wenn nun die Entwicklung in Richtung Drafting weitergeht ist das höchstens ein weiterer schmerzlicher Abschied von einem Ideal, denn die Realität sieht schon lange so aus, und wenn es bald heißt "Drafting Frei" auf allen Strecken, dann passen Regeln und Realität wieder zusammen. Ich werde dann nicht mehr dabei sein, bei diesen Rennen, aber das tut mir nicht weh, denn es wird weiter Rennen geben bei denen ich noch den alten Spirit finden werde und ob die dann Triathlon heißen, oder sonstwie ist mir ganz egal.“
Kai Baumgartner: „ Ich bin über die erneute Aufweichung der Regel nicht glücklich, sehe aber eine grundsätzliche Handlungsnotwendigkeit der Verbände. Wenn die Entwicklung mit dieser Progression genauso weiter voranschreitet wird wohl in 2-5 Jahren das windschattenfreie Rennen allenfalls einzelnen Langdistanzrennen oder Serien vorbehalten sein.
Mit der Angleichung an das ITU-Regelwerk werden Defizite im Kampfrichterwesen und auch in der Moral jedes einzelnen Athleten falsch aufgearbeitet. Pragmatisch gesehen, ist es wohl eine praktikable und ökonomische Lösung, die gängige Praxis und Regelwerk auf Deckung bringen.
Ich erwarte für 2004 reale Abstände von 3x1,5 bis 4x2 Metern, die auch auf Seiten der Veranstalter für Kopfzerbrechen sorgen werden. Triathleten sind nicht ohne weiteres in der Lage so enge Rennen unfallfrei auf dem Rad zu fahren und Ordnungsamt und Polizei dürften Probleme bei der Genehmigung der Radstrecken bereiten: Für den Außenstehenden ist kaum mehr eine Trennung zwischen vollgesperrte Streckenführungen benötigende Massenpulks und halbwegs regelgerecht fahrenden Triathleten sichtbar. Wer soll diese Rennen dann noch in der bisherigen Quantität und Qualität in Deutschland genehmigen? Oder fahren wir zukünftig alle über Kopfsteinpflaster rund um das nächste Einkaufszentrum?
Als abschließendes Fazit verändert sich - Evolution hin oder her - der Charakter der Sportart vor allem für die Basis der Hobbyathleten. Triathlon ist auch das Einzelzeitfahren auf dem Rad – die geplanten Änderungen verzerren das Anforderungsprofil existenziell und gefährden die attraktive Streckenauswahl der Veranstalter.
Daher unterstütze ich die Petition Drafathlon für die Beibehaltung der alten Abstände und schärfere Regelauslegung, werde aber in den Rennen das aktuelle Regelwerk der DTU einhalten.“