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Donnerstag, 9. Februar 2012

Doping: Spätes Urteil gegen Jan Ullrich

Nach dem strikten Durchgreifen des Court of Arbitration for Sport (CAS) im Fall von Alberto Contador sieht die höchste sportrechtliche Instanz auch den deutschen Radstar Jan Ulrich des Dopings für schuldig an. Das Ausnahmetalent Ulrich, dem viele die Nähe zu den falschen Umfeldern und Beratern nachsagen gilt als Auslöser einer regelrechten Renaissance der deutschen Zweiradwirtschaft, die diese Verdienste trotz aller Urteile nicht vergessen wird. Ullrich ist gerne gesehener und durchaus bezahlter Gast bei Breitensportevents im Radsport. Der Antrag des Rad-Weltverbands UCI, Ullrich sogar lebenslang für alle Aktivitäten im Radsport zu sperren, wies der CAS hingegen ab.
Jan Ullrich, hier beim Giro d'Italia am 23. Mai 2006 wird aus allen Ergebnislisten ab 2005 gestrichen. Zu den Folgen des Schiedsspruchs können auch wirtschaftliche Einbußen durch Rückforderungen von Antritts- und Preisgeldern oder Prämien von Sponsoren zählen. Photo: Rocco Pier Luigi
Das Gericht sah eine Verstrickung in die spanische Dopingaffäre um den Arzt Eufemiano Fuentes als erwiesen an. Ullrich wird für zwei Jahre gesperrt und alle Siege nach Mai 2005 werden aus den Büchern gestrichen. Betroffen sind davon auch ein dritter Platz bei der Tour de France und ein Sieg bei der Tour de Suisse 2006. Der CAS sieht sich im Fall Ullrich, ähnlich wie im Fall Contador der Kritik ausgesetzt die Urteile viel zu spät zu sprechen. Insider deuten die Verzögerungen auf versuchte Einflussnahmen auf die Unabhängigkeit des Gerichts, branchenübliche Verzögerungstaktiken und den Wunsch der Gerichte sattelfeste Urteile herbeizuführen, die zivilgerichtlichen Berufungsverfahren standhalten.

Presseschau: Süddeutsche, Spiegel Online

Montag, 6. Februar 2012

Doping: Radstar Alberto Contador für 2 Jahre vom CAS gesperrt

Der Court of Arbitration for Sport (CAS) hat den Radprofi Alberto Contador zu einer Sperre von zwei Jahren wegen Dopings verurteilt. Dopingproben des Spaniers enthielten das illegale Kälbermastmittel Clenbuterol und Rückstände, die auf Kontakt mit Infusionsbeuteln (zur Bluttransfusion) schließen. Der spanische Radsport-Dachverband,  Real Federación Española de Ciclismo (RFEC) hatte Contador noch freigesprochen. Das CAS hatte in einem lange erwarteten und von der UCI und der WADA angestrengten Urteil über 4.000 Seiten Gutachten und Beweismaterial sichten müssen, weil Contador den Fund der verbotenen Substanz auf dem Verzehr von verunreinigtem Rindfleisch zurückgeführt hatte.
Der spanishe Radprofi Alberto Contador ist grundsätzlich noch jung genut, um ein Comeback nach seiner Sperre von zwei Jahren zu geben. Photo: Wikimedia Commons
Die Sperre gilt rückwirkend bis einschließlich zum 5. August 2012. Damit sind weder ein Start bei der Tour de France oder bei den Olympischen Spielen von London möglich. Die Siege bei der Tour de France 2010 sowie beim Giro d'Italia 2011 wurden aberkannt.

Statistikhappen fûr desillusionierte Zweifler: Seit 1995 sind mit Carlos Sastre (2008) und Cadel Evans (2011) nur diese beiden Gewinner der Tour de France nicht mehr oder minder intensiven Dopinganschuldigungen, Untersuchungen oder Urteilen ausgesetzt. Für die Zeit davor fehlt ein entsprechendes Problembewusstsein.

Weitere Informationen zum Fall Alberto Contador, wie eine (vollständige Chronologie der Ereignisse) sind u.A. auf Spiegel Online verfügbar. Eine Pressemitteilung und das Urteil stehen auf CAS.org zum PDF-Download bereit.

Freitag, 5. August 2011

Armstrongs und Contadors Erben, das Ende vom Radteam HTC-Highroad

Dem kalifornischen Profiteam HTC-Highroad geht die Puste aus. An den Einzelerfolgen gemessen ist das aus den Resten des T-Mobile Teams entstandene Profi-Radteam die erfolgreichste Mannschaft im Peloton der Tour de France der letzten Jahre. Dennoch konnte Eigner und Manager Bob Stapleton keine schwergewichtigen Sponsoren für ein Weiterführen des Engagements oder den Neueinstieg bewegen. Als eine wesentliche Ursache in den Verhandlungen wurden laut Stapleton immer wieder Doping und die Namen der wohl umstrittensten Fahrer im Feld, Lance Armstrong und Alberto Contador, vorgebracht.
Top-Sprinter Mark Cavendish wird als Dauergast bei den Siegerehrungen der Tour de France nach Etappenankünften kaum Probleme bekommen, einen neuen Arbeitgeber zu finden. Photo: Tim de Waele/PowerBar
Der Imageverlust, den die deutsche Medienlandschaft und Werbeindustrie schon seit Jahren skandiert und beklagt ist nun auch im blau-rot-weissen Sorglos-Staat USA angekommen. Ironischerweise würgte ausgerechnet mit Armstrong diejenige Person den Geldhahn für HTC indirekt ab, die massiv für den Enthusiasmus für den Radsport in den USA und auf der Welt gesorgt hatte. Als Nebeneffekt etablierte sich Lance Armstrong als einer der wenigen Sportler mit dem Status einer Weltmarke.
Doch der Nimbus Armstrong bekam Risse. Zu überlegene Siege, diktatorische Verhaltensweisen im Peloton und verschiedenste Dopinganschuldigungen überspannten den Bogen zusehends. Aktuelle Untersuchungen in den USA durch Jeff Novitzky beschädigen mittelfristig wahrscheinlich auch sein mächtigstes Schutzschild vor allzu übellauniger Strafverfolgung. Seine gemeinnützige Organisation Livestrong, die sich dem Kampf gegen Krebs widmet, steht vor einem Imageschaden.

Die Runde der Sponsoren fürchten offensichtlich ebenfalls einen Imageschaden, wenn sie mit der Hydra "Doping im Radsport" in Verbindung gebracht werden. Die aktuellen wirtschaftlichen Turbulenzen in den USA mit der sich immer stärker abzeichnenden nächsten Rezession sind weitere Faktoren für das "NO" der potentiellen Unterstützer, wie dem taiwanesischen Namenssponsor HTC. Potentaten mit einem Geldbeutel für ein Jahresetat von 15 bis 30 Millionen US Dollar sind selbst für die No. 1 im Radsport rar gesät.

Was wird der Radsport daraus lernen? Welches Urteil erwartet Alberto Contador bei seinem Dopingprozess? Welchen Einfluss hat ein Start von Lance Armstrong beim Ironman Hawaii 2012 oder 2013 auf den Triathlon und seine Glaubwürdigkeit? Wird er als Profi oder Amateur antreten? Überwiegen positive oder negative Effekte beim Nutzen einer Wildcard?

Montag, 18. Juli 2011

Banale Brutalität, Tour de France 2011

Es ist einer dieser denkwürdigen Momente in der Geschichte einer Sportart, in der jener ganz normale Wahnsinn kurz innehält, verschreckt aus der eingenommenen gebückten Position hochschaut und die Augen hektisch-schweifend in die Ferne irrlichtern lässt. Soeben hat erneut ein Begleitfahrzeug bei dieser denkwürdigen 9. Etappe den Radprofi Juan-Antonio Flecha förmlich von der Straße gekegelt und eine kleine Kettenreaktion ausgelöst, die Johnny Hoogerland  im hohen Bogen und äusserst blutig in einen Weidezaun katapultierte. Kurz zuvor beendete Alexander Winokurow seine Tour bei einem anderen Sturz. Warum gibt es bei der Tour de France 2011, bei den Protagonisten der täglichen Qual zwischen 11er und 25er Ritzel so viele kapitale Stürze?



Die Radsport-Experten sind sich uneinig, bringen diverse Faktoren ins Spiel. Ursächlich erscheint das Naheliegende keine Erwähnung zu finden. In Abwesenheit eines über Alles und Jeden bestimmenden Lance Armstrong mit seinem pure Dominanz ausstrahlenden Team und eines aktuell schwächelnden Alberto Contador ist die Tour offen wie seit Jahren nicht mehr. Die derzeitige Zurückhaltung der Schleck-Brüder, die sich und ihr Team offensichtlich für die Alpen schonen, verstärkt diesen Effekt noch. Die Fahrer sind in Abwesenheit eines Leithammels und straffen Hierarchie schlichtweg risikofreudiger und werden nicht zurückgepfiffen.

Die genutzten Fahrräder sind insgesamt schneller aber durch den hohen Anteil von Carbon in den Laufrädern unter Aspekten der Bremssicherheit um 20 Jahre in der Entwicklung zurückgesprungen. Der begleitende Pressetross und die Betreuer in ihren Autos changieren zwischen wilder Paparazzo-Ekstase und Rallye Monte Carlo und riskieren zunehmend Leib und Leben. Last but not least hat die ASO als Veranstalter der Tour malerische aber auch halsbrecherisch enge Sträßchen, die für den durch Dopingskandale gebeutelten Sport die passende Optik und Action bieten sollen, ausgewählt.



Noch sind die spektakulären Szenen relativ glimpflich ausgegangen. Durch einen Oberschenkelbruch wird  das für 2012 geplante Karriereende von Alexander Winokurow wohl um einige Monate vorgezogen. Eine unglückliche Mischung aus Nässe und Fliehkraft schob den Kasachen und andere Fahrer auf einer nicht ausreichend als gefährlich gekennzeichneten Kurve in der Abfahrt vom Col du Pas de Peyrol von der Strecke.

Wann  führt die UCI, der Weltradsportverband mit Sitz in Lausanne verpflichtende Normen für die Bremsleistung ein, statt sich Gedanken um Rahmenwinkel und Position von Sattelnase zu Tretlager zu machen? Der nächste letale Fehler aus dem System Tour wird aber sicherlich kommen. Fehler sind menschlich und die Sicherheitsnetze auffällig locker gewoben - in der Welt der Flaschenträger, Edeldomestiken und Helden.