Der kleine ketzerische Artikel “Die schizophrene gesellschaftliche Haltung gegenüber Doping” vom 3. Oktober 2011 sollte eine kleine Diskussion im Triathlon anregen und behandelte schon dort die gesellschaftlich-soziologischen Problemfelder der heutigen Leistungsgesellschaft. Nicht nur, dass mittlerweile Italien ernsthaft Drogentests für Aktienmanager erwägt, London über seine Banker schimpft, sehen auch der Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) und die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) eine rasante Entwicklung im Medikamentenmissbrauch in Alltag und Sport.
Der Missbrauch von Medikamenten stellt eine ernsthafte Bedrohung der Volksgesundheit dar. Photo: Wikipedia - GNU Freie Dokumentationslizenz |
Pressemitteilung:
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) haben gemeinsam vor Medikamentenmissbrauch gewarnt. “Was Doping im Wettkampfsport, ist Medikamentenmissbrauch im Freizeitsport und allen anderen gesellschaftlichen Feldern. Hier müssen wir gemeinsam gegensteuern”, sagte DOSB-Präsident Thomas Bach in Frankfurt/Main: “Der DOSB möchte das Thema stärker als bisher ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken. Dabei sind die Sportärzte ein wichtiger Partner.”
DGSP-Präsident Prof. Dr. med. Herbert Löllgen sagte: “Die deutschen Sportärzte haben bei allen ihren Erklärungen und Statements immer gegen Medikamentenmissbrauch Stellung genommen. Gerade im Sport können Medikamente fatale Nebenwirklungen haben, vor allem ist vor unkontrollierter Gabe von Schmerzmitteln zu warnen: Schmerzen sind ein natürliches Warnzeichen, sie sind zu beachten und sollten in besonderen Fällen vom Arzt abgeklärt werden. Das gilt vor allem bei Gelenkschmerzen und auch vor z.B. Marathonläufen.”
Studien belegen, dass in Deutschland zwei Millionen Menschen gelegentlich Medikamente zur Verbesserung ihrer Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz einnehmen. 800.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tun dies regelmäßig. Und selbst in der Schule und an Universitäten spielen leistungssteigernde Arzneimittel schon eine Rolle. Während ein bis zwei Prozent der Oberstufenschülerinnen und -schüler schon einmal Medikamente zur Steigerung der Gehirnleistung ohne medizinische Notwendigkeit eingenommen haben, sind es bei Studierenden bereits fünf Prozent. Diesem Trend gelte es Einhalt zu gebieten, erklärte Bach.
Deshalb ergriff der DOSB im Vorjahr die Initiative und setzt sich seitdem zusammen mit dem Allgemeinen Deutschen Automobil-Club (ADAC) und der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände für die Aufklärung über das Thema ein. Dabei baut der Dachverband des deutschen Sports auch auf die Hilfe seiner Mitgliedsorganisationen wie der DGSP.
Mit der Initiative soll auf die mehr als 1,5 Millionen Bundesbürger aufmerksam gemacht werden, die von Medikamenten abhängig sind. Ziel sei es, über die Gefahren aufzuklären, die vom Medikamentenmissbrauch ausgehen, sagte Bach: “Medikamentenmissbrauch gefährdet die Volksgesundheit. Dieser Missbrauch verstößt gegen die ursprüngliche Natürlichkeit des Sports und ist gesundheitsgefährdend. Er kann aber auch zur Gefahr für andere werden, wenn dadurch Selbstüberschätzung zum Beispiel im Straßenverkehr eintritt.”
Mit einem Symposium unter dem Titel “Medikamentenmissbrauch in Deutschland: Eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung” wollen DOSB, ADAC und ABDA am 3. November in Berlin die gesellschaftliche Dimension des Themas verdeutlichen und aktuelle Entwicklungen darstellen.