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Mittwoch, 22. Mai 2013

Aktuelles Urteil: Verkehrssicherungspflichten bei einem Triathlon weichen von denen eines Radrennens ab

Das Landgericht Heilbronn hat in einem Urteil vom 20. Februar 2012 die unterschiedlichen Ansprüche an die Radstrecke eines Triathlons mit Windschattenverbot auf einer teilweise gesperrten Radstrecke und eines Radrennens mit Windschattenfreigabe herausgestellt. Das Urteil erfolgte auf eine Klage eines Triathleten, der über eine von drei kurz hintereinander folgenden, vom Veranstalter visuell mit Warnfarben markierten Bodenwellen gestürzt war und der Veranstalterin mangelhafte Sicherung der Strecke vorgeworfen hatte. Unstreitig blieb die Vorgabe des Gerichts, dass bei den in einem Triathlon erreichten Geschwindigkeiten eine manuelle Absicherung mit visuell und/oder akustisch vor dem Verkehrshindernis warnenden Streckenposten erforderlich ist. Die korrekte personelle Absicherung war ein Streitpunkt in dem Verfahren.
Ein Sturz auf dem Rad bei einem Triathlon mit Windschattenverbot wurde vom Landgericht Heilbronn anders bewertet, als ein Sturz bei einem Radkriterium mit Vollsperrung der Radstrecke oder eines Triathlons mit Windschattenfreigabe und vergleichbarer Sperrung der Radstrecke. Photo: ITU Media - Janos M. Schmidt
Das Gericht stellte zudem fest, dass der Teilnehmer wegen des Sturzes "gegen den Veranstalter weder Schadensersatzansprüche gemäß §§ 280 Abs. 1, 276, 31 analog BGB noch gemäß § 823 Abs. 1 BGB geltend machen (könne), da der Veranstalter die ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt hat."

Punkt G.1 c) der aktuellen Wettkampfordnung der Deutschen Triathlon Union e.V. (DTU) verpflichtet die teilnehmenden Triathleten beim Radfahren die Straßenverkehrsordnung (STVO) einzuhalten. Es darf grundsätzlich angezweifelt werden, ob im Einzelfall sämtliche Vorschriften der STVO einzuhalten sind. Allerdings ist die Verpflichtung der Wettkampfteilnehmer nicht von der Hand zu weisen, auf Warn- und Verkehrsschilder zu achten. Vor den drei Bodenschwellen befand sich in ausreichender Entfernung das Hinweisschild „Unebene Fahrbahn“.
  1. Landgericht Heilbronn, Urteil vom 20. Februar 2013, AZ 5 O 295/12 Mc
  2. http://www.rechtslupe.de/zivilrecht/verkehrssicherungspflichten-bei-einem-triathlon-radrennen-361056

Donnerstag, 1. November 2012

Drafting-Skandal beim Ironman 70.3 Miami? Andreas Fuchs soll Lisa Hütthaler unerlaubten Windschatten gegeben haben.

Beim Ironman 70.3 Miami soll sich nach verschiedenen Aussagen anderer, zum Teil nicht platzierter, weiblicher Profis (Margaret Shapiro und Jodie Swallow) die österreichische Profi-Triathletin Lisa Hütthaler einen Wettbewerbsvorteil durch unerlaubtes Windschattenfahren verschafft haben. Soweit die unaufgeregte Zusammenfassung der Nachrichtenlage, deren akribische Faktensammlung inkl. einiger mehr oder minder aussagefähiger Bildaufnahmen die Kollegen auf Slowtwitch.com [1,2] durchgeführt haben. Das pikante Detail beinhaltet jedoch der Vorwurf der aktiven Hilfestellung durch Andreas Fuchs, der ein enges persönliches Verhältnis zu Hütthaler pflegt.


Andreas Fuchs (Startnummer 40) und Lisa Hütthaler (72): nach dem Teamwork auf der Radstrecke zum gemeinsamen Erinnerungsfoto? So interpretieren es in den aktuellen Diskussionen viele Triathleten. Screenshot: (c) Brightroom.com
Konkret soll Fuchs während der zweiten Disziplin auf die zwei Minuten später gestartete Hütthaler gewartet haben und zwischenzeitlich gezielt andere in der Situation vor Hütthaler liegende Triathletinnen auf seinem Rad ausgebremst haben. Als dann Hütthaler aufschloss, soll es zu einer Duettdarbietung in perfekter Draftathlon-Manier mit 1-2 Meter Abstand zwischen den beiden Triathleten gekommen sein. Fuchs habe nun deutlich das Tempo erhöht und gemeinsam mit der ehemals wegen Doping und versuchter Bestechung einer Laborangestellten verurteilten Mutter eines Kindes die anderen Damen distanziert. [3] Sowohl Hütthaler, als auch Fuchs bestreiten die Vorwürfe energisch. Fuchs, der das Rennen nach dem Radfahren aufgab, verweist auf seiner Website auf den Trainingscharakter des 70.3 Miami vor dem Ironman Panama. Er habe bewusst erst in der zweiten Radhälfte das Tempo erhöhen wollen, völlig unabhängig davon, wer zufällig in seiner Nähe gefahren sei.

[Update vom 02.11.2012: Mittlerweile haben Lisa Hütthaler und Andreas Fuchs rechtliche Schritte gegen die vier Profi-Triathletinnen Jodie Swallow, Margaret Shapiro, Lisa Mensink und Mary Beth Ellis eingeleitet.]

Derzeit ist unklar, ob das Regelwerk der World Triathlon Corporation (WTC) eine Untersuchung und bei entsprechender Beweislage auch eine Sanktionierung vorsieht, bzw. vornehmen wird, gemeldet wurden sie von gestarteten Athletinnen. Beide Aussagen mögen gerade wegen ihrer angestrengten Plausibilität konstruiert erscheinen, für eine öffentliche Vorverurteilung ist es aber vielleicht trotzdem etwas zu früh.

Hütthaler sah sich nach dem schweren Sturz von Olympiasiegerin Kate Allen am 6. April 2008 in Neuseeland im Rahmen eines ITU Triathlons den Vorwürfen ausgesetzt, sie habe den Sturz durch besonders ruppige Fahrweise provoziert, um Allen aus dem Rennen um die Olympiaqualifikation von Beijing zu werfen. Aus den Reihen Allens wurde damals Vorsatz unterstellt. Eine Kommission des ÖTRV entschied sich wegen widersprüchlicher Aussagen gegen ein weiteres Vorgehen gegen Hütthaler. [4]

In meiner langen Karriere bei der Verfolgung des internationalen Profi-Triathlonzirkus habe ich viele ähnliche und weitaus schlimmere Dinge erlebt. Sogar einen Nationalkaderathleten, der seinem Kollegen aus dem eigenen Land kurz vor dem Start die Luft aus dem Reifen gelassen hat. Der zuständige Delegierte Henning Müller schützte den Täter vor Sanktionen und sah von Disziplinarmaßnahmen ab. Eine klassische, wie auch typische Vertuschungsmentalität der Funktionäre, die genau solche Athleten heranreifen lassen, die der Sport nicht benötigt.

Warum also sollte sich der Sport anders verhalten, als die Gesellschaft? Warum sollten Athleten nicht betrügen wollen, wenn zu wenig oder keine Kampfrichter auf der Strecke sind? Das "2012 Hütthaler-Fuchs-Drafting Gate" ist nur eines mehr in einer langen Liste und verdeutlicht einmal mehr, warum es so wichtig ist den Neueinsteigern und Nachwuchs-Triathleten einige Grundprinzipien wie Fair-Play, Non-Drafting, Non-Shot-Cutting, Non-Cheating zu vermitteln. Anti-Doping ist die nächste Stufe des Aufklärungsauftrags. Damit einher geht aber auch die zwingende Notwendigkeit der unaufgeregten sozialen Kontrolle der Teilnehmer und Zuschauer und last but not least die Bereitstellung von Ressourcen zur Umsetzung des Regelwerks: Cash, Videobeweis und Kampfrichter, um konkret zu werden.

Eine kleine, anonymisierte Auswahl dieser bösen und gemeinen Tricksereien im Sport als Abbild der Gesellschaft findet sich unter http://www.dnf-is-no-option.com/2011/07/cheatcodes-die-lustigsten_22.html. [5]

Sonntag, 4. März 2012

Abu Dhabi Triathlon etabliert sich als erster Saisonhöhepunkt

Der Abu Dhabi Triathlon war einmal mehr der erste Saisonhöhepunkt mit neuem Streckenrekord und den Titelträgern Nikki Butterfield und Rasmus Henning.
Während mit Butterfield als (ehemalige) Radfahrerin in der Rolle der Außenseiterin den favorisierten Engländerinnen ein Schnippchen schlug, entledigte sich Henning einer Durststrecke auf den langen Triathlon-Distanzen. Der nachdenkliche Däne hatte sich nach seinem Debüt beim Ironman Hawaii und Sieg bei der Challenge Roth 2010 selbst unter den Erwartungsdruck eines Mitfavoriten für die WM auf Hawaii gestellt und zweifelte bereits ein weiteres gutes Rennen nach Hause zu bringen.

Einen Schatten warfen im zweiten Jahr in Folge die Kampfrichter auf den von IMG organisierten Triathlon. Zu Lasten des lange Zeit führenden Faris Al-Sultan setzten die Race Marshalls auf der Radstrecke das Windschattenverbot in der großen Verfolgergruppe der Männer nicht ausreichend um. Al-Sultan, maßgeblicher Mit-Initiator des Events und so etwas wie der inoffizielle Triathlon-Botschafter der Vereinigten Arabischen Emirate verlor dadurch den Sieg auf den letzten beiden Laufkilometern, weil die Konkurrenz entscheidende Energiereserven für das Lauffinale aufsparen konnte.

Montag, 3. Oktober 2011

Die schizophrene gesellschaftliche Haltung gegenüber Doping


Die Deutsche Triathlon Union (DTU) versucht nach etlichen kleineren und mittleren Skandalen, die zuletzt auch auf Funktionärsebene um die ehemaligen Präsidenten Dr. med. Klaus Müller-Ott und Claudia Wisser kreisten, über das Thema Doping und Antidoping das Hausrecht wiederzuerlangen.
Der Verdacht auf Doping besteht (suspicions of doping persist). Photo: Neil Jones
An einem kompakten Wochenende vom 2. bis 3. Oktober 2011 setzt der Spitzenverband auf Aufklärung und Gesprächsrunden. Augenmerk soll gerade auch auf den Breitensport gelegt werden. Begründet wird die Initiative mit einer "hochtechnisierten und auf Leistungsgedanken ausgerichteten Gesellschaft", die sich auch im Sport in einer "Spirale" nach Hochleistung befände. "Der Griff zu unerlaubten Mitteln und Methoden, teils unwissentlich, teils mit Absicht, erreicht neben dem Spitzensport zunehmend auch den Breitensport" heißt es weiter in einer Pressemitteilung.

Rund 60 angemeldete Teilnehmer werden sich mit den Initiatoren Volker Oelze (Anti-Doping Koordinator der DTU) und Thomas Begemann (Sprecher der Kampfrichter) über seichte Einstiegsthemen, wie "Dopingfalle Hausapotheke" (Dr. Lothar Schwarz), "Rechtliche Folgen einer Sperre" (Dr. Frank Rybak) aber auch grundsätzlichen, für die Gesellschaft relevanten Fragestellungen, wie "Gesellschaft - Jugendkultur - Doping" (Prof. Gerhard Treutlein) auseinandersetzen.

Solange die DTU die anderen, ebenfalls essentiell den Triathlon gefährdende Ausuferungen grober Unsportlichkeit wie etwa unerlaubtes Windschattenfahren und Streckenabkürzen nicht großflächig in den Griff bekommt, wird sich - leider - auch das Reizthema Doping nicht eindämmen lassen. 
Schließlich ist einem ambitionierten Sportler oder pubertierendem Nachwuchstriathleten schwerlich zu verdeutlichen, warum das relativ gefahrlos umzusetzende illegale Windschattenfahren oftmals kaum geahndet wird und der Leistungsmanipulation durch Substanzen, Verfahren oder Methoden ein medienwirksames Stigma auferlegt wird. Doch auch dann springt der Tiger nicht weit genug...

Solange in Politik, Sportpolitik, der staatlichen und privatwirtschaftlichen Sportförderung und der Gesellschaft weiterhin diese schizophren-inkonsequente Haltung der Förderung von Leistung gepflegt wird, bleibt es bezüglich Antidoping bei reiner Augenwischerei.

Solange renommierte Sportwissenschaftliche Institute oder Teilbereiche der Universitäten von Freiburg und Köln ohne strafrechtliche Konsequenzen, wie zuletzt im Spiegel von dieser Woche nachzulesen war, über Jahrzehnte statt Antidopingforschung das Gegenteil, nämlich Dopingforschung betrieben haben.

Solange noch immer horrende Gelder für Medaillen, gerade auch an Verbände, gezahlt werden, solange der Sport mit seinen Flaggschiffen IOC und FIFA weiterhin autonom handelt und es keinen umsetzbaren Dopingparagraphen in Deutschland gibt, ist Aufklärung über Doping allenfalls lobenswert. Aufklärung adressiert aber nur einen idealtypischen Menschen aus der Romantik, der im Hochleitungs- und zum Teil auch im Leistungssport kaum mehr existiert.

Ketzerisch sollte hinterfragt werden, ob die gesellschaftliche Rolle des Sports und sein Idealbild des edlen, sauberen Sportlers nicht seit mindestens 100 Jahren überholt sind. Spätestens ab dem Zeitpunkt als Politik und Sportindustrie die Vorteile herausragender sportlicher Erfolge schätzen und zu instrumentalisieren gelernt haben, war der Zeitpunkt für eine Zäsur gekommen. Vielleicht benötigt die Gesellschaft weiterhin ganz im Sinne von "Panem et circenses" das Spektakel, die hochgezüchteten Freaks für die Show, um dem Breitensport seine Rolle im Sozial- und Gemeinwesen und der Gesundheitsförderung zurückgeben zu können.

Kann ein Spitzensport mit hochgespritzten und genetisch manipulierten Athleten bestehen? Wäre nicht gesellschaftliche Ächtung die Folge oder sind Sportler nur die Vorhut? Soll also Doping im Spitzensport komplett freigegeben werden? Können angemessene Rahmenbedingungen, wie eine gute medizinische Betreuung und Berufsversicherung gegen Folgeschäden und Berufsunfähigkeit über ein unethisches Handeln hinwegsehen? Muss das staatliche Fördersystem für den Spitzensport auf jeder Ebene gestrichen werden?

Athleten, Opfer an Marionettenfäden und Täter zugleich, kann man besser vor sich und den grauen Hintermännern schützen, indem man sie eben aus der Grauzone ihres Dopingumfelds herauslöst. Chancengleichheit kann man auch im Doping gewähren, indem Methoden und Präparate frei, bezahlbar und in normierter Qualität auf dem Markt verfügbar sind. Als Nebeneffekt werden die großen Gewinnspannen der Physiotherapeuten, Manager, Trainer und Ärzte aus dem lukrativen Handel mit Dopingsubstanzen wegbrechen. Talente, die ohne Manipulation einen Sport als Profi ausüben wollen, schaffen es dann eben nicht mehr bis ganz nach oben.

Der Mensch bleibt ein sich selbst-optimierendes Individuum. Sport bleibt ein Spiegelbild der Gesellschaft, in der Hedgefonds und Investmentbanker zugekokst und vollgedröhnt gegen Staaten zocken, Studenten und Absolventen in Prüfungen und Assessmentcenter Müdigkeit und langsamer Synapsentätigkeit des Gehirns mit harten Pillen voller Ritalin und anderer Wirkstoffe genauso ein Schnippchen schlagen wollen, wie Frau und Herr Mustermann beim morgendlichen Griff zur Kanne Kaffee oder Tochter Susi Mustermann beim vorfreudigen Vorglühen mit Energy Drink und leichten Drogen - bevor es zur Dorfdisco geht.

P.S.: Ich persönlich trinke keinen Kaffee, verzichte auf Koks, Ritalin, Drafting und Co. Ich freue mich beim Sport auf die mentale und körperliche Auseinandersetzung mit mir selbst. Daher benötige ich persönlich auch keine Wettkämpfe (mehr). Eine Hausrunde bietet all das, was den Kern des Sporttreibens (für mich) ausmacht.


Red. Anmerkung vom 30.09.2011, 7:00 Uhr: Mit meinen Blogeintrag, der auf mehreren Ebenen lesbar ist, konnte zumindest das erste kurzfristige Ziel erreicht werden. Aspekte der voller Doppelmoral steckenden Antidoping-Arbeit und Diskussion werden zum Wochenende auch bei der DTU auf den Tisch gebracht, die sonst wie leider bei solchen Veranstaltungen verbandsübergreifend üblich, heruntergefallen wären.

Natürlich ist es für alle Beteiligten sehr unangenehm, wenn man sich bei der aktuellen Momentaufnahme ein Scheitern im Kampf gegen Doping attestieren muss. Dieser Blogeintrag ist letztlich ein Plädoyer für mehr Konsequenz - wertfrei und offen. Er ist ein Plädoyer für eine konsequente Entwicklung in beide Richtungen.

Wo bleibt denn der Antrag der (deutschen und internationalen) Sportverbände (unter Führung der DTU) auf eine Strafgesetzgebung von Doping und damit verbundener Aufgabe eines Teils der Autonomie?

Freitag, 22. Juli 2011

Cheatcodes, die lustigsten Betrugsversuche der Profis im Triathlon

Das letzte Posting über die Verantwortung der Veranstalter für Fairness im Sport zu sorgen hat zu diesem Artikel inspiriert. In den letzten 10 oder 15 Jahren sind sonderbare Geschehnisse großteils als Augenzeuge erlebt worden. Beim Ausflug in die Welt der kleineren und größeren Gaunereien wurde auf die Gesamtthematiken Doping und das Verlassen und Abkürzen der Wettkampfstrecken bewusst verzichtet. Auf eine Namensnennung innerhalb der Top 5 wird ebenfalls kein Wert gelegt, wenngleich manche der Geschichtchen natürlich unweigerlich deutliche personengebundene Assoziationen wecken.
Absolut kein Betrüger, sondern ein aufrechter Sportsmann und Finisher. Chris Sadowski wurde beim Ironman Hawaii 2004 bei Radkilometer 168 von einem offiziellen Motorrad "touchiert" und sein Hinterrad plastisch verformt. Es war wohl der bisher längste Marsch auf Socken, den Big Island bis dato gesehen hat. Photo: Kai Baumgartner
Unter Wasser ist der Race-Marshall blind
Ein männlicher Profitriathlet war der Meinung mit speziellen, weichen Handpaddles die Auftaktdisziplin über 3,86 Schwimmkilometer in Angriff nehmen zu können. Die Kampfrichter verdeutlichtem ihm die Sinnhaftigkeit des Regelwerks kurz nach dem Schwimmausstieg.

Der Michelin-Mann Effekt
Auf Big Island von Hawaii sind Prototypen von Schwimmanzügen hoch im Kurs. Die Innovationsfreude der Hersteller und Profis erlangte in einem Jahr traurige Berühmtheit, als vermehrt sogenannte Speedsuits mit doppelten Schichten und damit größerem Auftrieb und stärkerer Kompression auftauchten. Zuvor durchgeführte "normierte" Floating-Tests mit definierten Beschwerungsgewichten passierten die zuvor gezeigten Referenzanzüge problemlos.


Kein Betrugsversuch im eigentlichen Sinne. Beim ITU WCS Triathlon Madrid 2011 drängte der Brite Harry Wiltshire den Spanier Javier Gomez Noya mit Vorsatz von der Ideallinie ab. Wiltshire wurde von der ITU rückwirkend vom 28. Juni für 6 Monate gesperrt.

"Got a ride" Teil 1
Bei einem der härtesten Triathlons der Welt konnte ein Triathlet während einer sehr langen (!) Flachpassage etwa 50cm hinter einem wirklich großen Van mit offener Heckklappe gesichtet werden. Zwecks Alibi wurden von den beiden einheimischen Insassen ab und an unmotiviert mit einer Amateurkamera die typischen Handbewegungen eines Fotografen durchgeführt. Ungeklärt und noch immer Objekt heftiger Spekulation ist der Umstand, ob bei den langen Bergaufpassagen besagter Profi samt Bike im Inneren des Vans verschwand.

"Got a ride" Teil 2
Ebenfalls unter Innovationsdruck stand bei identischer Wettkampfdestination eine Landsfrau. Sie begnügte sich in einem anderen Jahr, genügsam wie sie war, mit einem Motorrad als Pacemaker.

Da war die Luft raus
Bei den World Military Triathlon Championships manipulierte ein Nationalkader-Triathlet das Wettkampflaufrad seines eigenen Mannschaftskollegen vor dem Start. In der Wechselzone ließ er in einem vermeintlich unbeobachteten Augenblick die Luft entweichen. Vom betroffenen Triathleten inflagranti erwischt, hatte der Deliquent sehr viel Glück nicht vor ein Kriegsgericht gestellt und damit unehrenhaft entlassen zu werden. Das Abschneiden bei einer Militär-WM ist maßgeblich mitentscheidend für die Zuordnung in entsprechende Sportfördergruppen als Berufssoldat. Der sportliche Fachverband deckte den Vorfall. In seiner späteren Karriere sollte der Athlet, wenn es mal nicht mehr so richtig rund lief, auf einsamen Streckenabschnitten primär bei seinen eigenen Laufrädern die Luft rauslassen. Streckenabkürzungen gehörten leider ebenso zu seinem Standardrepertoire.

Weltbestzeit, Weltrekord im Triathlon. Über die Anziehungskraft der Bestzeiten auf den Langstrecken.

Grundsätzlich gibt es im Triathlon als Freiluft-Sportart keine Weltrekorde. Begründet liegt dieser Verzicht in der Ermangelung standardisierter Strecken, wie man sie in Hallen und Stadien anderer Sportdisziplinen antrifft. Von Rekorden schreiben gelegentlich engagierte Sport-Outsider und Praktikanten. Der anglo-amerikanische Raum mag sich ebenfalls in seiner ihm eigenen Art in der Hyperinflation der Superlative suhlen. Richtiger ist es aber von Weltbestzeiten zu sprechen.

Die Weltbestzeiten fielen 2011 gleich reihenweise. Zunächst kam die 14 Jahre alte Bestmarke von Luc Van Lierde durch Marino Vanhoenacker in Klagenfurt unter die Räder. Keine Woche später konterte Andreas Raelert in Roth und lieferte auch die Vorlage für das weibliche Pendant Chrissie Wellingtons am gleichen Tag und Ort.  Photo: Bollwein/Triangle
Durch verschiedene Gründe bedingt, ist in den letzten Jahren ein messbarer Leistungssprung bei den Frauen und zeitverzögert auch bei den Männern zu verzeichnen, die im vergangenen Jahr und auch 2011 in erstaunlichen neuen Weltbestzeiten durch Chrissie Wellington, Marino Vanhoenacker und Andreas Raelert mündeten. Bei einer noch jungen Sportart wie Triathlon mit jährlich steigendem positiven Innovationsdruck in den Bereichen Ausrüstung, Trainingsmethodik, sowie Ernährung und Regeneration eine erklärbare Entwicklung.

Zeiten der Rekordhatz und medialer Ausschlachtung sollten eigentlich vorbei sein. Dramatisch-spannende Renninszenierungen sind auch durch die richtige Auswahl der Protagonisten möglich! Denkt man, weit gefehlt! Das Echo in den Special Interest Publikationen und den allgemeinen Medien hat gezeigt, dass Bestzeiten der Wellenkamm sind, auf dem sich eine Triathlonveranstaltung exzellent vermarkten kann.
Warum sind Superlative auch bei kaum zu vergleichenden Strecken eigentlich so anziehend? Selbst ein Triathlon an ein und demselben Ort stellt sich jährlich anderen Wetterbedingungen oder gar Streckenmodifikationen. Wozu also überhaupt Bestzeiten fleißig für die Sportstatistiken aufnehmen? Triathlonveranstaltungen, die sich vor allem dadurch auszeichnen, erstklassigen Service und Organisation bei interessantem Streckenprofil zu bieten, sollten eigentlich genug Geschichten zu erzählen haben.

Bevor alte Wunden wieder aufgerissen werden, bleibt festzuhalten, dass es um allgemeine Betrachtungen geht. Zum gesamten Thema wurde in der Vergangenheit deutlich, argumentativ sauber und transparent auf 3athlon.de Stellung bezogen. Das Thema ist in Teilen insofern obsolet, da diverse Triathlonevents wie etwa die Challenge Roth in der jüngeren Vergangenheit Streckenänderungen (im Sinne überfälliger Verlängerungen) vorgenommen haben.

Einem Veranstalter sollte für nachhaltigen Zulauf der Profis der faire Wettkampf, abseits von Betrügereien am Herzen liegen. Zur aktuellen Diskussion in den einschlägigen Foren im deutschsprachigen und us-amerikanischen Raum über die beiden Kurse von Klagenfurt und Roth gehört der Aspekt der Fairness. Zur Fairness gehören die erstklassige Behandlung der Sportler vor, während und nach dem Rennen. Dazu gehört insbesondere die Sicherstellung einer Gleichbehandlung bei Antritts- und Preisgeld, Transfers, Unterbringung, Pressearbeit und Kommunikation, Einhaltung des Regelwerks (Anti-Doping, Abkürzen, Windschattenfahren, Pacing, unerlaubte Ausrüstung) und last but not least die korrekten Streckenlängen auf allen Teilstrecken inklusive der Wechselzonen.

Im Zeitalter von GIS, Google Maps, GPS und Normierungsmöglichkeiten durch anerkannte und objektive Fachverbände oder externe Prüfer sollte zumindest letzte Frage leicht zu beantworten sein. Ein notariell beglaubigtes Vermessungsprotokoll muss eine Selbstverständlichkeit bei einer Ausschreibung eines internationalen Top-Rennens sein, das eine gültige Weltbestzeit für sich proklamieren und vermarkten will. Dies soll aber nicht das eigentliche Thema sein. Die Initiative muss hier von Veranstaltern, Verbänden, Sponsoren und den Athleten selbst kommen, weil es um die ureigendsten Interessen geht.

Vielen Triathleten ist es ziemlich egal, ob das Schwimmen mit oder ohne Strömung stattfindet, eine Radstrecke 178 oder 182 Kilometer lang ist oder ein Marathon schon nach 40 Kilometern und einigen Metern sein Ende findet. Natürlich wird es das eigene Ego freuen, eine neue persönliche Bestzeit (PB) verzeichnen und in der Lokalzeitung und am heimischen Beckenrand beim Wundenlecken kommunizieren zu können. Dazu sind Triathleten zu sehr Narzissten.

Puristen und Traditionalisten mögen das etwas anders sehen. Beim Start einer Challenge oder bei einem Ironman, muss neben einem tollen Erlebnis mit 1a-Service auch jeder einzelne Meter der nominell 226,255 Kilometer (3,86km Schwimmen, 180,2km Radfahren, 42,195km Laufen) erlebbar sein. Dafür hat man bezahlt, darauf möchte man stolz sein. Sind es weniger - kein Problem, dazu sind Ausschreibungen da.

Puristen freuen sich auch über den Umstand den Regeln entsprechend nicht in einer Gruppe gefahren zu sein und ohne Abkürzen, Pacing oder  Doping den Triathlon mit der eigenen physischen und mentalen Stärke gefinisht zu haben.

Zur bestmöglichen Unterstützung der Athleten beim ehrlichen und fairen Kräftemessen sollten sich alle Veranstalter verpflichtet fühlen. Treffen alle obigen Bedingungen zu, steht einer glaubwürdigen Bestzeitvermarktung kein Hindernis im Wege. Die nächsten 2-3 Jahre werden sportlich auch ganz ohne Bestzeiten sicherlich extrem spannend werden.

Dienstag, 14. Oktober 2008

Disqualifiziert: Du bist Draußen! (gleiche Bedingungen für alle)

Vor allem Rookies wie der Freiburger Andreas Böcherer fühlen sich durch die Race Marshalls beim Ironman Hawaii oftmals benachteiligt. Aber schauen wir uns die Sache einfach nüchtern und sachlich an. Der ehemalige Deutsche Meister im Crosstriathlon hat sich solide in den letzten Jahren entwickelt, aber in Frankfurt schon den Hang dazu entwickelt für den Rennentwicklung unattraktiv taktisch hinten in Radgruppen zu sitzen. So weit so fair, von vielen Profis so gehandhabt und nicht weiter zu verurteilen... Erst kurz vor Einfahrt in die T2 wagte der Freiburger Familienvater die Solofahrt in Frankfurt, nachdem sich seine Kontrahenten aufgerieben hatten. Taktisch gut, aber ohne Profil und das muss man sich als Rookie im Sport erarbeiten.

Konnte Böcherer in Frankfurt noch auf gütige Krampfrichter bauen, die ein Unterschreiten der 10 Meter-Abstandregel zunächst gerne mündlich abmahnten, sah es in Kona etwas anders aus. Informationen über das klare und knallharte Vorgehen sollten spätestens bei der Wettkampfbesprechung der Profis am Donnerstag angekommen sein. Auch ein Blick auf alte Ironman-DVDs oder NBC-Reportagen, die auch nicht vor Namen wie den des US-Amerikaners Tim DeBoom zurückschreckten sollte den Kona-Kurs klarmachen:
Lutschereien, auch nicht nur ein bisschen sind nicht gestattet. Auch die anderen Regeln sollte man verinnerlicht haben. Kampfrichterentscheidungen sind Tatsachenentscheidungen und Andreas Böcherer hat in diesem Fall berechtigte gelbe Karten erhalten und dann ohne Disqualifikation aufgegeben.

Eine Karte erhielt er nach Angaben aus seinem Umfeld wegen Littering (Umweltverschmutzung, da er seine Flasche nach der vorgesehenen, hunderte Meter langen „Dropzone“ abgeworfen hatte), dann zwei weitere wegen Draftings zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Die WTC-Offiziellen bestätigen allerdings drei Strafen wegen Draftings.

Böcherer gab schleißlich entnervt selbsttätig nach der 3. Verwarnung auf, weil er bei 3 Strafen im Nachgang disqualifiziert worden wäre. Er ist der einzige Profi im Rennen des Ironman 2008, der mehr als eine Penalty erhalten hat. Timo Bracht etwa hat nur eine Strafe erhalten, das Rennen auf dem Rad sauber beendet, dann aber die Penalty-Box nicht aufgesucht: Disqualifikation.

Die Strafen sind als gerecht und fair zu werten und man sollte nicht weiter darüber lamentieren und auf die ungerechten Kampfrichter schimpfen. Sie machen nur ihren Job, der Profi-Triathlet soll seinen Job machen.

Athleten wie Timo Bracht, haben ihre DQ anstandslos angenommen, obwohl er das wohl beste Kona-Rennen der letzten Jahre hinlegte und souverän in den Top 5 lag. Auch mit der Disqualifikation war die Medienwirksamkeit (schon im Vorfeld) durch seine guten Leistungen als bester Deutscher beim Heimrennen in Frankfurt garantiert. Dies ist der Unterschied zu Kona-Neulingen, die um Medienbeachtung kämpfen müssen, die ihre im Vorfeld gezeigten Leistungen auch vor einem Start honorieren. Dazu benötigt man 1-3 Starts mit Zielankunft in den Lavafeldern.

Selbst die Hannoveranerin Sandra Wallenhorst, mit Weltbestzeit der offiziellen Ironman-Eventserie angereist, stand nicht im Fokus der nationalen und internationalen Medien, obwohl sie klar zu den Kandidatinnen auf die Top 5 zuzurechnen war. NBC hat sich dann noch kurzfristig entschieden die Läuferin der Extraklasse mit in ihre Aufzeichungen vor dem Rennen aufzunehmen – ein weiser Schritt in Nachbetrachtung ihres starken ersten Auftritts auf Big Island hinter der 2008 nicht zu schlagenden Chrissie Wellington und der Niederländerin Yvonne Van Vlerken. Van Vlerken und Wallenhorst liegen in der Leistung dicht beieinander – spannende Rematchs der Kona-Treffens sind zukünftig fast garantiert.

Zurück zu den disqualifizierten Kona-Rookies: Newbies wie Böcherer kann man nur wärmstens ans Herz legen, nicht nur den Kurs zu studieren und sich in die richtige Startgruppe im Schwimmen zu stellen, abseits von Kanus mit den richtigen Anschwimmern oder inmitten von Frauen - sondern die Regeln auch als das zu nehmen was sie sind: Klare Gebote und Verbote. Es sind keine Empfehlungen, die halbherzig mit zugedrückten Augen umgesetzt werden. Schließlich ist das eine WM und kein Basar.

Die Härte dient allen Athleten gleichermaßen. Überlegungen und Unsicherheiten, was hinter einem als einsamen Reiter in den Lavafeldern passiert sind fast ausnahmslos egal. Die Sheriffs machen ihren Job und die Bedingungen sind weitgehend gleich. - ein ausdrückliches Ziel einer WM. Behrzigt man diese Regeln, dann klappt das auch mit dem Finish 2009 und mit etwas Arbeit und Talent auch dem Einzug in die Top 20, ohne Lamentiererei im Nachgang. Ich freue mich drauf…

Dienstag, 9. Oktober 2007

Interview mit Jimmy Riccitello: 'Wir möchten die Leute miteinander kämpfen sehen.'

Jimmy Riccitello ist der Chefkampfrichter des Ironman Hawaii. 3athlon.de hat mit dem ehemaligen Triathleten über das Regelwerk gesprochen und fassen das Gespräch mit den wesentlichen Änderungen zusammen.

Dienstag, 2. Oktober 2007

Neue Windschattenregeln für die Profis

Das Thema Windschattenfahren ist in jedem Triathlon ein mehr oder minder großes Thema. In diesem Jahr hat die World Triathlon Corporation nach Verkürzung der Regelung im Vorjahr zumindest für die Profis eine neue Lösung herausgearbeitet, die am 1. Oktober an die Triathleten verschickt wird. Damit wird erstmalig ein größerer Abstand bei den Profis einzuhalten sein, als bei den Amateuren. Weitere News dazu am Dienstag auf 3athlon.de.

Donnerstag, 9. November 2006

Competitors Radio Show: Michellie Jones und Chris McCormack im Interview

Bob Babbit und Paul Huddle widmen sich in den letzten Ausgaben der Competitors Radio Show Michellie Jones, Gewinnerin des Ironman 2005 und Chris McCormack, der auch dediziert auf den Konflikt aus dem Draftinginterview eingeht.

Das Archiv ist auch abseits vom Triathlon den ein oder anderen Hinhörer wert und findet gewöhnlich am Sonntag statt.

Samstag, 28. Oktober 2006

Chris McCormack feuert zurück

Der Australier Chris McCormack fühlt sich zu Unrecht von Normann Stadler und Faris Al-Sultan angegriffen und spekuliert darüber, durchaus in der Lage gewesen zu sein 12 Minuten schneller als der Deutsche Titelträger Laufen zu können. Wer mehr über die ganz eigene Wahrnehmung von Drafting, den Zukunftspänen des Australiers und den langen Blick zurück auf seine Karriere-Höhepunkte lesen möchte, kann dies unter Triathletemag.com machen...

Montag, 23. Oktober 2006

Diskussion über die Windschattenbox und Eklat auf der Triathlete Party

Die Diskussion über die Windschattenbox griff nicht nur am Renntag auf die Pressekonferenz über, als Vertreter der Medien das Plenum fragte. Normann Stadler faßte sich kurz „Ich habe nicht gedraftet. Ich war vorne alleine unterwegs. Ich kann über die anderen nicht viel sagen, da ich sie nur kurz gesehen habe.“

Die Diskussion über etwaige Verstöße gegen den Mindestabstand auf dem Radkurs des Ironman Triathlons sollte nicht so schnell abebben.

Faris Al-Sultan sieht das Problem vielschichtig: „Die WTC ist ein privatwirtschaftliches Unternehmen. Wenn sie meint die Draftingregelung auf 7 Meter zu reduzieren ist das kein Problem, nur sollten sie diese Regel auch umsetzen. Wenn sie wollen, können sie das auch noch kürzer machen. Dann muß ich eben entsprechend trainieren und mehr Schwimmen und Laufen. Ich möchte es nur vorher wissen.“ Nach diesen Aussagen und schon bei Stellung der Fragen, die andeuteten, daß der Triathlon möglicherweise nicht völlig regelkonform in allen Bereichen abgelaufen ist applaudierten die Medienvertreter anhaltend und lautstark.

Ebenfalls thematisiert wurde inbesondere von dem Belgier Rutger Beke und den Deutschen ein Anti-Doping Testsystem, daß in allen Ländern für ausreichende Trainingskontrollen sorgen möge. Ob das Sache der WTC oder ITU sei blieb offen. Beke an sich unterstrich in diesem Zusammenhang aber erneut, daß auch die WADA ihren Test auf Validität testen möge.

Wie heiß das Thema Drafting ist, zeigte sich bei einem Eklat, als der Australier McCormack bei der Party des Triathlete Magazines USA mit einem Blackberry in der Hand auf Normann zuging und ihm ein englisches Interview des Triathlete Magazine unter die Nase hielt, in der Normann den Zweitplatzierten direkt des illegalen Draftings bezichtigt habe. Hitzkopf Stadler hielt prompt verbal gegen und letztlich griffen Freunde von beiden Seiten ein, um eine Gruppenbildung und die sich bereits anbahnende kleine Schieberei zu beenden. McCormack erhielt letztlich den Platzverweis. Wenig später kamen die australischen Freunde und Fans zurück und entschuldigten sich für die hitzige und unsachliche Diskussion. „Es war wirklich ein komischer Triathlon. Faris hat die ganze Arbeit der Gruppe geleistet. Ich bin mit dem Wettkampf nicht glücklich. Wenn ich auch sauber gefahren bin“ führte der Australier Luke Bell wenige Stunden zuvor gegenüber mir aus, als wir das Thema zuvor andiskutierten.

Der Abend endete schließlich mit der Kampfansage McCormacks, daß „Stadler einen beliebigen Triathlon auf der Welt auswählen könne, um sich seine Packung abzuholen und daß er am Renntag mithalten hätte können“ nachdem sich zuvor Macca erneut zum schnellsten Langdistanztriathleten der Welt gekürt hatte. Ein aufgebrachter Stadler winkte ab und fragte lediglich wer denn am Samstag gewonnen habe, bevor nach etlichem Wirrwarr wieder zur Tagesordnung (After-Party im Lulu's) übergegangen wurde.

Objektive Substanz kann die ganze Diskussion bei Betrachtung der Zahlen von 2Peak.com erhalten: Hier fallen Unterschiede von ca. 30-40 Watt zwischen den Athleten aus einer Gruppe auf, obwohl ähnliche Radzeiten realisiert wurden. Daraus lassen sich folgende Schlüsse ableiten:
a) Es wurde regelkonform gefahren und in der Situation (große Gruppe, Windrichtung) war die Box zu klein
b) Es wurde nicht legal gefahren
c) Die Fahrer mit den niedrigeren Wattzahlen haben eine exzellente aerodynamische Abstimmung


Foto [Faris Al-Sultan, Chris Lieto, Chris McCormack und Luke Bell (?)]: UliHB – 3athlon.de

Sonntag, 22. Februar 2004

Wie kam es zum Drafting-Gate?


DTU gesteht Fehler ein, deutsche Triathlonszene atmet auf könnte die Schlagzeile lauten. Doch wie ist es eigentlich zu dieser Entwicklung mit dem Wunsch der Funktionäre auf eine Verkürzung der Windschattenbox gekommen und welche Rolle spielte Drafathlon?
Das "Who is Who" der deutschen Triathlon-Szene hat sich auf Draftathlon.com gemeldet und die aktuelle Entwicklung kommentiert. Photo: Draftathlon.com
September 2003 - kurzer Blick zurück 
Die Deutsche Triathlon Union (DTU) hat im Herbst im Rahmen mehrerer Änderungen der Sportordnung unter Anderem die Größe der Windschattenbox für das Radfahren im Spätherbst 2003 um 2/3 der ursprüngliche Größe auf 5 x 2 Meter, statt 10 x 3 Meter reduziert. Maßgebliches Argument auf Seite des Verbandes waren die Vorgaben der International Triathlon Union (ITU), die jene Regelung für Wettkämpfe der Altergruppen ebenfalls vorsieht und auf nationaler Ebene bis in die untersten Leistungsklassen umgesetzt werden müsse.
Dieser elementare Eingriff stellte die Kernidee und Seele des Sports, den „Einzelkampfcharakter“ unnötigerweise ad absurdum und gefährdet zudem die Freizeitsportler durch erhöhte Sturzgefahr im Feld. Veranstalter der Rennen werden durch die Einschnitte vor Probleme in den Genehmigungsverfahren bei den örtlichen Behörden für die Radstrecke gestellt. 

Oktober 2003 - kritische Stimmen kommen auf 
3athlon.de hat im Oktober und Dezember in Artikeln mehrfach auf die Probleme mit der neuen Ordnung hingewiesen und eine offizielle Informationspolitik der DTU gefordert.

Die für die Umsetzung der Änderungen zuständige Technische Kommission bringt das Präsidium der DTU im weiteren Verlauf zunehmend in Verlegenheit, fehlende Koordination der Zuständigkeiten und mangelnde interne Kommunikation und Sachreflektion sind bei der Umsetzung der internationalen Vorgaben erkennbar und deuten auf fehlenden Praxisbezug der Verantwortlichen hin.

Januar 2004 - Draftathlon.com: Protest formiert sich
Als im Januar noch immer keine offiziellen Meldungen aus dem Verband in der Sache an die Mitglieder oder die Öffentlichkeit getragen wurden und auch keinerlei öffentliche Meinungsbildung durch die DTU im Vorfeld betrieben wurde formiert sich ab dem 1. Februar auf Initiative der Betreiber von 3athlon.de unter der Domain Draftathlon.com der demokratische Widerstand in der deutschen Triathlonszene: Rufe der Besucher nach einem neuen Triathlonverband, der die Interessen seiner Mitglieder besser vertreten solle, als der bisherige spiegeln die Spitze der Entrüstung wider.

Februar 2004 - Profis und Veranstalter sagen Nein!
Die gesamte deutsche Triathlonelite über die Langdistanz bezieht ebenso klar Stellung, wie auch die drei großen deutschen Veranstaltungen Holsten City Man (Hamburg), Opel IRONMAN Germany Triathlon (Frankfurt) und Quelle Challenge Triathlon (Roth).

Zahlreiche Pioniere des deutschen Triathlonsports und aktuelle Größen sagen „Nein zu 5 x 2“ und fordern die Rückkehr zum alten Format. Selbst der DTU nahestehende Kreise geben in privaten Stellungnahmen zu erkennen, daß sie von den Änderungen wenig halten aber Hemmungen vor einer öffentlich bezogenen Position haben und Benachteiligungen befürchten. 

Februar 2004 - DTU reagiert
Nachdem sich über 800 Sportler, Veranstalter und Vertreter der Industrie innerhalb von 3 Wochen klar gegen „5x2 Meter“ in einer Petition ausgesprochen haben und auch die Süddeutsche Zeitung und das Portal Tri2b.de das Thema aufgegriffen haben, lenkt die DTU nach Wochen des Schweigens und kurzen informellen Gesprächen mit Draftathlon.com ein. Sie nimmt die eingebrachten Vorschläge und Argumente auf und in der Folge die Regeländerung am 21. Februar 2004 mit sofortiger Wirkung in ihrem Hoheitsgebiet zurück. Sie kündigt zudem Gespräche auf internationaler Ebene an, um eine verbindliche Lösung für alle nationalen Verbände zu erarbeiten.

Die DTU zeigt nach zunehmendem Druck der Basis mit diesem Schritt zurück den Mut eine Fehlentscheidung und Fehleinschätzung ihrer Organe zurückzunehmen und eine Sachdiskussion neu anzustoßen. Ein guter und wichtiger Wesenszug, der in der heutigen Gesellschaft nicht selbstverständlich ist und einer jungen und dynamischen Sportart gut zu Gesicht steht: „ Die Einwände gegen die Verkürzung der Windschattenbox von 10 x 3 Meter auf 5 x 2 Meter sind berechtigt. Das muss - auch international - noch mal auf den Prüfstand!" erklärt Präsident Dr. Klaus Müller-Ott in einer offiziellen Presseerklärung der DTU Pressestelle am Ende der Beratungen am 21.02.2004.

Fader Beigeschmack bleibt
Ein fader Beigeschmack bleibt trotzdem bestehen. Der Einzelkampfcharakter und ursprüngliche Gedanke der Sportart wird in der Mitteilung argumentativ nicht aufgegriffen. Die Grundhaltung der DTU scheint noch immer fest im Draftingformat verharren zu wollen - Triathlon soll mit dem Olympischen Drafting Triathlon in der allgemeinen Definition gleichgesetzt werden: schnell Schwimmen, eine gemeinsame Radausfahrt in der Gruppe inkl. entsprechender (Mannschafts-) Taktik und ein abschliessender Ausscheidungslauf über 10 Kilometer sind das angestrebte Ideal des "neuen" Triathlon.

Ansprüche im Hochleistungs- und Breitensport
Das Argument in obiger Erklärung, dass „ die olympische Sportart Triathlon nach den Vorgaben des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) ein weltweit harmonisiertes Regelwerk braucht“ lässt eine Fragestellung völlig unbeantwortet, die andere Sportverbände problemlos für sich gelöst haben. Das internationale Hochleistungsniveau des Triathlon über die Olympische Distanz kann man durchaus als zwingenden Grund für Änderungen im Regelwerk ansehen, die das Radfahren im Windschatten für die Weltelite vorsehen. Diese Mitte der neunziger Jahre im Zuge der Olympiabewerbung der Sportart Triathlon aufgeworfene und umgesetzte Änderung bedingt aber keineswegs die zwingende Umsetzung oder Annäherung in den Formaten des Breiten- und Freizeitsports an diese Spielart! 

Ursprungscharakter des Triathlon erhalten
Der Weltcup Zirkus mit seinem hoch spezialisierten Wettkampfformat hat wenig mit der Grundidee des Triathlon, dem Kampf des Individuums gegen die Elemente und dem Erbringen einer Einzelleistung in den drei Disziplinen Schwimmen, Radfahren und Laufen gemein. Es ist daher durchaus vertretbar, dass spezielle Arten der Wettkampfdurchführung in den höchsten Leistungsklassen gestattet sind, an anderer Stelle aber keinerlei Daseinsberechtigung besitzen – der Breitensport sollte folglich bei den Wurzeln des Sports bleiben.

Was hat sich geändert?
Die Diskussion hat das Potential Basis und Präsidium ein Stück zusammenrücken zu lassen. Sie muss in den nächsten Wochen öffentlich, fair und konstruktiv fortgeführt werden.

Das Funktionärswesen musste feststellen, dass Entscheidungen am grünen Tisch, weit weg von der Basis nicht das Optimum darstellen und mehr Nähe zur Sport treibenden Masse nötig ist. Gleichzeitig hat das einzelne Mitglied erkannt, dass seine Stimme durchaus einen hohen reellen Wert darstellt. Legitim und koordiniert in Aktionen als Mittel der demokratischen Interessensvertretung eingesetzt wirbt sie nachdrücklich um eine weitere gesetzliche Verankerung direkter Demokratie in den Statuten des Verbands.

Direkte Demokratie gefordert
Grundsätzlich zeigt die Windschattendiskussion ein Grundproblem der heutigen Zeit, wenn sich Funktionärwesen und sportliche Basis so weit voneinander entfernt haben, dass die Eingaben und Wünsche der einzelnen Mitglieder oder kleinerer Gruppierungen kein Gehör im „bürokratischen Elfenbeinturm“ finden.

Andere Verbände, wie der USA Triathlon (USAT) wählen ihre Funktionäre im direkten Mandat und die Mitglieder können die Arbeit der offiziellen Vertreter unmittelbar nach einer Amtsperiode mit ihrer Stimme honorieren. Sicherlich eine interessante Alternative oder Ergänzung zu den in Deutschland praktizierten föderalen Strukturen mit indirekter Wahl.

„Volksabstimmungen“ in substanziellen Fragen, wie etwa der Aufhebung eines Windschattenverbotes könnten und sollten ebenfalls Einzug in die Sportverbände einhalten. Länder, wie die Schweiz praktizieren auf staatlicher Ebene die Entscheidungsfindung durch die Basis in zentralen Fragestellungen seit Jahren erfolgreich. Warum nicht im Triathlonsport, wenn es um wesentliche Änderungen geht?

Die Gegenwart - was wird bleiben ?
Was bleibt ist die Aufforderung an all die Athleten, dass sie sich im Sommer in den unzähligen Rennen Deutschlands bewusst machen, dass sie für „10x3“ gestimmt haben und es neben der sportlichen Leistung vor allem um den Spaß und Fairplay gehen sollte – dazu zählt auch die Einhaltung des Regelwerks und ein Hauch weniger Verkrampftheit im sportlichen Miteinander.

Die Trainer, Eltern und Verantwortlichen für den Nachwuchsbereich sollten sich ihrer Vorbildfunktion bewusst sein und in ihrem täglich praktizierten Lehrauftrag deutlich herausstreichen, welche differierenden Versionen von Triathlon existieren und sich bewusstmachen, dass die Verdeutlichung der Grundidee der Sportart zentrales Ziel sein sollte. Die Erkenntnis, dass Sieg und persönliche Bestleistung nur ein Ziel im Sport sein können und nur auf sauberem Weg einen erfüllenden Wert besitzen sollte ebenfalls auf den Weg mitgegeben werden.

Den Funktionären, Veranstaltern, Landesverbänden und Kampfrichtern schlagen wir für den Breitensport vor Radstrecken selektiv, als Einzel- oder Doppelrundenkurs auszuschreiben. Maßvoll bestückte Startfelder, die gleichzeitig auf die Strecken gelassen werden oder anderweitig für die Sicherstellung der Regeleinhaltung und Sicherheit der Teilnehmer sorgende Maßnahmen sollten ebenfalls Pflicht sein.

Die Zukunft - was wird kommen ?
Die ITU ist nun als nächste Instanz für die Umsetzung einer weltweit verträglichen Windschattenregelung vorgesehen.

Die dort zu erwartenden Entscheidungen sollten für die DTU nicht Grund sein, den "schwarzen Peter" einfach weiterzugeben. Vielmehr sollte sie sich für den Erhalt von 10x3 stark machen und an seinem Profil durch den Auftrag der Interessensvertretung seiner Mitglieder im eigenen Land gewinnen. Allenfalls die Möglichkeit von Sonderanträgen für Veranstalter mit besonders für das Drafting anfälligen Radstrecken ist ein diskussionswürdiger Konsens. 

Bis zu einer endgültigen Entscheidung und die Umsetzung in den nationalen Verbänden wird Draftathlon.com als "Mahnmal" und "Pool zum Brainstorming" weiter betrieben werden, den Verlauf beobachten und sich gegen eine erneute Aufweichung der Regelung und einer Änderung der Grundidee im Sport auf jeder Ebene einsetzen.

Mittwoch, 18. Februar 2004

Online-Petition Draftathlon.com ein Erfolg, 10x3 bleibt!


Der Protest war groß, der sich auf Draftathlon.com Anfang Februar formiert hat. Grund allen Übel war die von der Deutschen Triathlon Union (DTU) beschlossene Änderung der Sportordnung. Die Windschattenbox wurde im Spätherbst vergangen Jahres auf 5 x 2 Meter, statt 10 x 3 Meter verkürzt.
Der Präsident der DTU Dr. Klaus Müller-Ott: "Die Einwände gegen die Verkürzung der Windschattenbox von 10 x 3 Meter auf 5 x 2 Meter sind berechtigt. Das muss - auch international - noch mal auf den Prüfstand!" Photo: Kiel Triathlon

Diese elementare Regeländerung stellte die Kernidee des Sports unnötigerweise auf den Kopf. Nachdem sich über 800 Sportler und Veranstalter innerhalb von 3 Wochen klar gegen die Regeländerung in einer Petition ausgesprochen hatten, lenkt die Deutsche Triathlon Union (DTU) jetzt ein und nimmt die Regeländerung zurück. 

Unter weiterer Beobachtung
Weitere Informationen zu den Hintergründen der Entwicklung und den Möglichkeiten, die sich aus einer Weitergabe des Anliegens an die nächsthöhere Instanz (ITU Weltverband) und die dort zu erwartenden Entscheidungen folgen in einem bewertenden Bericht mit Kommentar am Sonntag. Bis zu einer endgültigen Entscheidung durch die ITU und die Umsetzung in den nationalen Verbänden wird Drafathlon.com als "Mahnmal" und "Brainstormingpool" weiterlaufen.



Die Pressemitteilung der Deutschen Triathlon Union (DTU) lautet wie folgt:

Windschattenbox bleibt national bei 10 x 3 Metern
DTU-Präsidium passt Sportordnung an
Initiative auf internationaler Ebene angekündigt
" Die Einwände gegen die Verkürzung der Windschattenbox von 10 x 3 Meter auf 5 x 2 Meter sind berechtigt. Das muss - auch international - noch mal auf den Prüfstand!" Mit dieser Feststellung fasste Präsident Dr. Klaus Müller-Ott das Ergebnis der Beratungen im Präsidium der Deutschen Triathlon Union (DTU) zu einer Regeländerung zum Windschattenfahren zusammen.

Die DTU hatte die bisher in der Sportordnung (§ 5.2.3) enthaltene Regel, dass das Windschattenfahren in einer "Box" von 10 x 3 Metern hinter dem Rad jedes Teilnehmers verboten ist, geändert und - in Angleichung an die entsprechenden Regeln des Weltverbandes ITU - das Verbot auf den Bereich von 5 x 2 Metern verkürzt. Diese Entscheidung erfolgte, so Müller-Ott, weil die olympische Sportart Triathlon nach den Vorgaben des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) ein weltweit harmonisiertes Regelwerk braucht - daran muss sich auch die DTU halten. "Die breite und mit guten Argumenten vorgetragene Kritik vieler Veranstalter, Athletinnen und Athleten dagegen darf aber nicht übergangen werden. Wir reagieren darauf flexibel."

Das DTU-Präsidium hat dazu in seiner Sitzung am Samstag in Oberstaufen erste Beschlüsse gefasst: Für alle windschattenfreien Wettkämpfe im Zuständigkeitsbereich der DTU wird die alte Windschattenbox (10 x 3 m) wieder in Kraft gesetzt.

Im internationalen Bereich wird eine Initiative gestartet, um dieses Maß auch auf Ebene der ITU als Standard zu etablieren; zumindest soll erreicht werden, dass die einzelnen Ausrichter das Maß der zulässigen Windschattenbox im Einzelfall bestimmen können, um etwa Auflagen der Ordnungsbehörden und der Unfallverhütung zu entsprechen.

Der Weltverband hat bereits signalisiert, dass eine für alle Seiten befriedigende Lösung gefunden werden kann. Darüber wird kurzfristig berichtet. (DTU Pressestelle)

Mittwoch, 11. Februar 2004

Draftathlon.com, Süddeutsche Zeitung berichtet - Krach bei den Triathleten

Die Süddeutsche Zeitung veröffentlichte heute einen sehr interessanten Artikel, der erste Auflösungserscheinungen in der Position der DTU erahnen lässt, aber letzlich das Pferd von der falschen Seite aufzäumt: "Krach bei den Triathleten". In dem Beitrag von Karin Bühler geht es um die umstrittene, neue Windschattenregel und im anhängigen Leserbrief, um eine erweiterte und in sich logische Vorstellung möglicher Kompromisse.
Der Hawaii-Champion von 1997 Thomas Hellriegel gegenüber der Süddeutschen Zeitung: „Ich wünsche mir, dass die Petition Erfolg haben wird. Aber die DTU wird den Fehler wohl nicht eingestehen.“ Photo: TFrahmS
Unser Leserbrief:
Jetzt soll sie also kommen die Regeländerung zur Windschattenbox - auch wenn DTU-Präsident Dr. Klaus Müller-Ott im Vorfeld der Präsidiumssitzung schon jetzt den "demokratischen Prozess" einleiten will. Eine Aufweichung nach dem Credo "wir setzen die neue Regel durch und die Triathlonveranstalter können einen Antrag auf das alte Reglement stellen" macht wenig Sinn. Die Mehrzahl der Triathleten wird sich auch gegen diese Option aussprechen, sofern sie gefragt werden - weil sie dem Triathlongedanken widerspricht. Warum also nicht einfach die alte Regel bestehen lassen und die entsprechend wenigen Veranstaltern per Ausnahmegenehmigung die Möglichkeit einräumen 5 x 2 Meter Rennformate durchzuführen? Es gab doch schon in der Saison 2003 den "Antrag auf Durchführung eines Rennens mit Aufhebung des Windschattenverbots". Warum diesen nicht logischerweise um die Option "5 x 2 Meter" erweitern?
Triathlonlegende Jürgen Zäck spricht sich nach wievor gegen die neue Regeländerung aus. Photo: TFrahmS
Gelebte Demokratie
Es wäre doch ein Einfaches die Alternativen den Mitgliedern in einer Art Volksabstimmung auf Drafathlon.com zur Wahl zu stellen! Das Verbandsmagazin, das alle Mitglieder automatisch erhalten wäre doch das beste Mittel zur Datenerhebung. In der nächsten Verbandszeitung sollte eine Postkarte mit allen Argumenten und Optionen beigefügt werden, so dass die DTU-Startpassinhaber abstimmen können und im Anschluß unter notarieller Aufsicht eine repräsentative Auswertung erfolgen kann. Dies wäre echte Transparenz und gelebte Demokratie.

Bis zum heutigen Tage ist von der DTU noch kein offizielles Statement getroffen worden, obwohl die Problematik im deutschen Raum bereits im Oktober 2003 auf 3athlon.de das erste Mal kritisch betrachtet wurde. Wir hoffen der Verband findet den Mut zu einem Schritt zurück und einen vorwärts für seine Athleten - wir wären auf alle Fälle sehr positiv überrascht.

Sonntag, 8. Februar 2004

Draftathlon.com, 500 Stimmen und kein Ende


Immer lauter und energischer werden die Stimmen gegen die durchgeführte Regeländerung der DTU (Deutschen Triathlon Union). Über die Kurzdistanz und darunter liegende Strecken soll die Windschattenbox in der neuen Saison nur noch 5x2 Meter statt ursprüglich 10x3 Meter betragen - doch der Protest wächst von Tag zu Tag?
Bereits 500 zum Teil sehr prominente Stimmen von Athleten und Veranstaltern haben sich auf Draftathlon.com eingefunden. Photo: Draftathlon.com
Über 500 Triathlonfreunde sagen: "Nein!"
Groß war der Aufruhr und binnen einer Woche meldeten sich über 500 Triathlonfreunde zu Worte und sprachen sich gegen die neue Regeländerung auf Draftathlon.com aus. Bemerkenswert analytisch und detailliert wird in manchen Kommentaren argumentiert und die Schwachstellen des neuen "Windschattenparagraphen" klar aufgezeigt.

1000er Marke angestrebt
Die Organisatoren von Draftathlon.com zeigten sich über die zahlreiche Beteiligung hoch erfreut und haben bis Ende des Monats die 1000er Marke fest im Visier. In den letzten Tagen häufen sich die Emails und auch andere Kontake deuten darauf hin, dass Einzelpersonen und Institutionen, die wegen ihrer DTU-Nähe Hemmungen hatten ihre Meinung öffentlich auf der eigens eingerichteten Website zu äussern ihre Position überdenken und klar Stellung beziehen.

Weiterer Protest geplant
Derweil verschärft sich der Protest bei einigen renommierten Triathlonprofis, die in den nächsten Tagen über weitere gemeinschaftliche Aktionen nachdenken wollen. Zu viel möchte man da noch nicht verraten, doch sollte die DTU auf die neue Regeländerung beharren, steht auf jeden Fall weiterer Protest ins Haus.

DTU-Präsidium tagt
Verdächtig still ist es demgegenüber noch immer auf den Kommunikationskanälen der DTU - Ruhe bei der Einführung der tiefgreifenden Regeländerung und Todesstille noch immer. Die Welle der Empörung scheint wohl noch nicht groß genug zu sein, um unmittelbaren Handlungsbedarf zu wecken. Spätestens Ende Februar jedoch werden sich die Funktionäre einige Gedanken machen müssen, denn dann tagt das DTU-Präsidium und eine endgültige Stellungnahme ist zu erwarten.

Das Internetportal tri2b.de hat in einem aktuellen Bericht vom 8. Februar die in der Petition geäußerten Schwachstellen der Änderung aufgegriffen und in einem Fazit die aktuelle Situation treffend dargestellt: „ Der Zündstoff war den Entscheidungsträgern der DTU möglicherweise bewusst. Selten wurde eine Änderung des Regelwerks so zurückhaltend publiziert wie diese wohl tiefgreifendste in der Geschichte des deutschen Triathlon. Der nun aufkommende Massenprotest könnte die Verantwortlichen zwingen, im Konfliktfeld zwischen der ITU und den eigenen Mitgliedern Farbe zu bekennen.“

Sonntag, 1. Februar 2004

Draftathlon.com, die Neue Windschattenreglung der DTU und WTC – eine Momentaufnahme mit Stimmen der Aktiven und der Triathlon-Szene.

Auslösendes Moment für diese Momentaufnahme ist die im Dezember veröffentlichte Regeländerung der Deuten Triathlon Union, die inhaltlich eine Verkürzung der Windschattenbox auf 1/3 der ursprünglichen Größe vorsieht: „ § 5.2.3 Dabei gilt eine Windschattenbox von 5 x 2 Metern mittig hinter dem Rad jedes Teilnehmers bis zur Triathlondistanz, 10 x 3 Meter mittig hinter dem Rad jedes Teilnehmers bei Mittel- und Langdistanz.“ Was spricht für und was gegen diese Neuerung im deutschen Triathlonsport? Was sagen die Aktiven und mit dem Triathlonsport verbundene Personen? Wer möchte sich an der Petition, die sich für die alten Abstände einsetzt beteiligen?
Draftathlon.com, Pettion gegen schleichende Abschaffung der Windschattenregelung. Photo: Draftathlon.com
Argumente für die Regeländerung
+ bessere Kontrolle auf Einhaltung der Regel durch die Kampfrichter im Rennen.
+ Radstrecken verkraften eine größere Anzahl von Athleten.
+ der Abstand kann leichter von den Athleten eingehalten werden.
+ Die Breitensportathleten werden auf eine mögliche komplette Aufhebung und Angleichung an das Wettkampfformat im ITU Weltcup vorbereitet

Argumente gegen die Regeländerung
- starke Radfahrer werden benachteiligt, die Verhältnisse der Disziplinen verschieben sich.
- der traditionelle Einzelkämpfercharakter geht verloren.
- die Verletzungs- und Unfallhäufigkeit wird durch die dichten Felder steigen.
- Genehmigung von voll gesperrten Radstrecken könnte (bei weiterer Verkürzung der Box) notwendig werden. Daraus ergibt sich die Gefahr von unattraktiven Strecken, da bestehende Geniesserschleifen auf dem Rad nicht mehr zu realisieren sind.
- unterschiedliche Abstände bei den verschiedenen Streckenlängen sorgen für Verwirrung. Duathlon auf kurzen Strecken ist scheinbar von der Regel ausgenommen.

Stimmen der Triathleten über die Olympische Distanz
Die Deutsche Meisterin über die Kurzdistanz Anja Dittmer hat 2003 dreimal hintereinander ITU-Weltcups gewonnnen und spricht sich dafür aus, die Basis entscheiden lassen.

Anja Dittmer: „ Die neue Regelung mit der 5 x 2 Meter Box lädt natürlich zum Windschattenfahren ein. Bei diesen Abständen ist der Windschatten deutlich spürbar. Da ich als Triathletin der Olympischen Distanz nur noch an Windschattenrennen teilnehme, und hier es zum Glück keine Diskussionen und Disqualifikationen aufgrund von Windschattenfahren mehr gibt, fällt es mir schwer ein objektives Urteil zu fällen.
Ich denke, wenn die Mehrheit der Hobbytriathleten in Deutschland gegen diese Regelung sein sollte, dann sollte sie auch nicht eingeführt werden. Außerdem kann ja jeder faire Sportler seine eigene Box von 10 x 3 Metern einhalten, trotz der neuen Regelung. Wenn alle Athleten zusammen starten und die Leistungsdichte und Anzahl der Athleten hoch ist, wird es immer Probleme mit dem Nichtwindschattenfahren geben, das lässt sich technisch einfach nicht vermeiden. Und der Spaß ist doch der gemeinsame Wettkampf, sonst könnte ja jeder seinen eigenen Triathlon allein zu hause machen, ohne Windschattenfahren, ganz ursprünglich.“

Daniel Unger hat in der Saison 2003 eine Handvoll TOP 10 Platzierungen im ITU Weltcup eingefahren und sieht in der Änderungen einen nötigen evolutionären Schritt für die leistungsorientierten Athleten.

Daniel Unger: „ Sportler haben sich an Regeln zu halten - wenn diese geändert werden, muss man sich auf die neue Situation einstellen und das Beste daraus machen. In der Formel 1 oder beim Skispringen wird ja bald jährlich irgendetwas verändert. Jeder schimpft drüber und zum Schluß gewinnen wieder diesselben Athleten wie die Jahre zuvor.
Natürlich geht der ursprüngliche Einzelkämpfergedanke des Triathleten ein stückweit verloren, wenn man die internationalen Rennen auf der olympischen Distanz betrachtet. doch es ist ja selbst theoretisch nicht mehr möglich in einem 75 Mann starkem Feld die 10x3m Windschattenregel aufrechtzuerhalten, da die Leistungsdichte im Schwimmen zu groß ist. Das Feld wird nicht mehr entzerrt...
Ich denke diese Regeländerung wird nicht ausgesprochen um starke Radfahrer zu ärgern, sondern weil es die Entwicklung unseres Sports so fordert...nur zu oft sieht man doch auch bei den Rennen, wo das Windschattenfahren verboten ist, große Zusammenschlüsse. Die Frage stellt sich: können diese Athleten nicht nach den Rregeln fahren, weil es die Straßenbreite nicht zulässt, oder wollen sie nicht, weil es in der Gruppe eben schneller geht?
Die beiden Alternativen für Athleten, die sich ohne das Schwimmen im Sog des Vordermannes, ohne Windschatten-Lutscherei und ohne das Festbeissen an der Wade des vor einem Laufenden, messen wollen müssen bei Wettkämpfen im Einzelstartmodus mit großen Zeitabständen an den Start zu gehen oder einen Start-Zielsieg im normalen Triathlonhinlegen.

Maik Petzold ist der amtierende Deutsche Meister über die Olympische Distanz und kann sich, sowohl mit der alten als auch neuen Regel anfreunden. 

Maik Petzold: „ Ich habe mich mit dem neuen Regelwerk noch nicht so intensiv beschäftigt. Diese Entwicklung ist sicher schade für die Langstreckler, doch der Fortschritt bzw. die Entwicklung einer Sportart hängt eben oft mit dem Regelwerk zusammen! Mir ist es egal ob mit oder ohne Windschatten ich mag beide Varianten auf seine Art und Weise.“

Stephan Vuckovic ist als Silbermedailliengewinner der Olympischen Spiele von Sydney.

Stephan Vuckovic: „ Ich kann das nicht nachvollziehen, aber ich bin ja nur Athlet und nicht Funktionär. Warum gibt man das Windschattenfahren nicht komplett frei? Ich werde mich an die neue Regeländerung halten - sie ist jetzt allen früh genug bekannt und man kann sich darauf einstellen.“

Stimmen der Triathleten über die Langdistanz
Jürgen Zäck hat beim IRONMAN Hawaii (Platz 6) und Opel IRONMAN GERMANY Triathlon (Platz 3) 2003 zugeschlagen. Der Altmeister ist für seinen Raddruck bekannt und hält von den neuen Regelungen herzlich wenig.

Jürgen Zäck: „ Die DTU (Deutsche Triathlon Union) soll sich doch in DDU (Deutsche Drafting Union) umbenennen. Mehr kann man da wirklich nicht mehr zu sagen. “

Lothar Leder ist die dominierende Person des Quelle Challenge Roth und konnte bis vor wenigen Jahren noch in einer Saison auf der Kurz- und Langdistanz auftrumpfen und neben erstklassigen Ergebnissen beim IRONMAN Europe auch den Titel eines Deutschen Kurzstreckenmeisters einfahren. Mittlerweile konzentriert sich Loddl vermehrt auf die Langdistanz. Auch er befürchtet Komplikationen bei den großen Breitensportevents.

Lothar Leder: „ Die neue DTU-Regelung ist in meinen Augen eine ganz schlechte Sache für den Sport. Wir haben doch schon jetzt Diskussionen mit den Kampfrichtern nach so manchen Rennen. Wer soll den ganzen zu erwartenden Ansturm von Disqualifikationen und Einsprüchen bearbeiten, die bei so kurzen Abständen zwangsläufig kommen werden? 5 Meter, 4 Meter, 3 Meter - das kann doch niemand kontrollieren!
Ich sehe vor allem etablierte Breitensportveranstaltungen in Gefahr, die durch solche Diskussionen einen schalen Beigeschmack bekommen. Zudem sind Probleme, bei den zu erwartenden Pulkbildungen in den Genehmigungsverfahren der Veranstalter vorprogrammiert.

ITU/ DTU mögen doch so fair sein und gleich Drafting für alle Rennen freigeben und diese Salamitaktik einstellen. Dann wissen wir alle woran wir sind und können Kurztriathlon zukünftig auf jedem größeren Parkplatz in monotonen Runden stattfinden lassen.“

Normann Stadler hat beim IRONMAN Hawaii 2003 als starker Radfahrer seine Konsequenzen aus einer neuen Windschattenregelung gezogen und ist dem Feld auf und davongefahren. Der Gewinner bei der Wahl zum 3athleten des Jahres 2003 möchte die alten Regeln behalten, kann sich aber auch mit den neuen arrangieren, um weiterhin als Profi seine Leistung bringen zu können.

Normann Stadler: „ Manchmal denke ich, dass die Verantwortlichen für solche Änderungen den Bezug zur Basis völlig verloren haben. Die Windschattenregelung mit der 5x2 Meter Box für die Rennen im DTU Hoheitsgebiet sind eine Ohrfeige für alle guten Radfahrer und verzerren die bisherigen Verhältnisse völlig. Ich für meinen Teil denke nicht, dass die verkleinerte Box auf den kurzen Strecken eingehalten wird. Was hat das mit Triathlon zu tun?
Die WTC hat bei den Rennen in den USA im Jahr 2003 ebenfalls eine neue Windschattenregelung (Stagger rule) eingeführt und für eine Rennverzerrung gesorgt. Ich bin wirklich gespannt, ob sie auch 2004 diese grundlegende Änderung beibehalten werden, oder ob die WTC diesen Fehler eingestehen und revidieren kann.
Man kann sicher immer noch je nach Rennsituation nach vorne solo weg springen, wenn sich die anderen in taktischem Geplänkel beäugen. Das Risiko wie ein Knallfrosch „hochzugehen“ ist dann natürlich sehr viel höher, wenn sich die anderen derweil im Windschatten, der sich aus dem Seitenwind ergibt ausruhen.

Für mich hat das alles nicht viel mit Triathlon zu tun und kann der Anfang vom Ende sein. Ich sehe die Grundfesten des Sports erschüttert: die Faszination des einsamen Kampfes mit sich, gegen die Uhr und seine Umgebung geht verloren. Im Ziel kann man nicht mehr behaupten die Strecke auf sich alleine gestellt hinter sich gebracht zu haben.“ 

Stefan Holzner hat das Jahr mit einem Paukenschlag eingeläutet, nachdem er überraschend den Opel IRONMAN Germany Triathlon gewonnen hat. Auch danach und im Vorfeld in den Rennen sind gute Erfolge gegen die deutsche Hawaii Armada verbucht worden. Er spricht sich klar gegen die Änderungen aus.

Stefan Holzner: Die Regeländerung finde ich natürlich total für die Katz. Wenn das jetzt jedes Jahr verkürzt wird, sind wir in spätestens 3 Jahren am Hinterrad. Eigentlich sollte man diese Veranstaltungen boykottieren, ich kann nur hoffen, dass meine bis jetzt ausgewählten Kurz- bzw. Mitteldistanzen wie Buschhütten oder Bonn dem Ursprung treu bleiben.
Man braucht für 5 Meter genauso viele Kampfrichter zur Kontrolle wie für 10 Meter, daher verstehe ich nicht, wer so eine Änderung vorschlägt oder einführen will. Allerdings denke ich der Trend geht sowieso mehr zur Langdistanz, bleibt nur zu hoffen, dass dies ein Wettkampf für Triathleten bleibt.

Timo Bracht hat beim IRONMAN Hawaii 2003 unangenehme Erfahrungen mit der neuen Stagger rule gemacht und wurde disqualifiziert. Wenige Wochen später hat er allen ein Schnippchen geschlagen und den IRONMAN Florida gewonnen. Er bedauert die grundsätzlichen Änderungen und empfindet die Abweichungen vom ursprünglichen Sport als zu stark. 

Timo Bracht: „ Ich bin beim Quelle Challenge Roth seit 1995 als Zuschauer dabei und habe mir immer gewünscht, so eine Wahnsinnsleistung im Kampf des Einzelnen gegen sich selbst erbringen zu können. 2000 habe ich meine erste Langdistanz beim IRONMAN Europe an dieser Stelle gemacht und konnte auch im Folgejahr dort glücklich finishen. Nachhaltig ist mir in diesen Rennen in Erinnerung geblieben, wie sauber die deutschen Pros fahren und ich ziehe bei Betrachtung der Rennszene noch immer meinen Hut vor Leuten wie Markus Forster und Stefan Holzner.

Ich möchte die nächsten 3-6 Jahre mein Leben als Triathlonprofi gestalten – mit allem drum und dran inklusive Versicherung als Profisportler und den richtigen Sponsoren im Rücken. Da habe ich herzlich wenig Interesse an den Wettbewerb verzerrende Regeländerungen und dergleichen.

Die Regeländerungen sind sowohl bei der WTC für IRONMAN Rennen in den USA und den DTU-Rennen auf den kurzen Strecken völlig falsche Signale. Ich fühle mich frappierend an die Diskussionen 1993 und 1994 in den Magazinen erinnert, wo es um die Einführung des „Draftathlons“ durch die ITU ging. Noch immer ein fataler Fehltritt, der für Stagnation und Rückschritt sorgt. Zudem sollten sich die Verantwortlichen bei Außenstehenden und Sponsoren umhören, die völlig irritiert sind, wenn diese Diskussionen der Rennen in der Öffentlichkeit geführt werden oder sogar in das öffentlich-rechtliche Fernsehprogramm finden. Scheinbar kann man nur so die passenden Leute wachrütteln, da sich dann die Geldgeber regen und irritiert und konstatiert nachhaken, was das für ein sonderbare Sportart sei.

Beim diesjährigen IRONMAN Florida haben sich neben vielen anderen Athleten auch Profis, wie Paula Newby-Frazer gegen die neue WTC-Regel und knallharte Einhaltung der bestehenden Paragraphen ausgesprochen. Darüber hinaus werden dort Erhöhungen des Abstandes bei den Profis auf 15-20 Meter eingefordert. Sicher kann eine am Limit fahrende Gruppe auch bei einem IRONMAN spannend sein - sicher und unbefreit fahren kann man aber bestimmt nur ganz vorne. 

Wie unsinnig diese Überlegungen manchmal sind, zeigte sich in Flordia, wo die Stagger rule mitten in der Stadt bei nicht komplett für den öffentlichen Verkehr gesperrten Straßen gleich mit den passenden Ausnahmeregelungen bedacht wurde. Da stellt sich bei Betrachtung der Kurztriathlonszene, die in Deutschland das Rückgrat des nationalen Triathlonbewusstseins darstellt und das Geld in die Kassen des Verbands schwemmt die Frage, wie man bei Gruppen mit 5x2 Metern Abstand unter den einzelnen Fahrern Strecken genehmigt bekommen möchte? Das sind doch für die Behörden und die Polizei geschlossene Gruppen, besonders wenn man mit Sicherheit davon ausgehen kann, dass die Abstände nicht eingehalten werden. Wo sollten auf einmal die einsatzfreudigen Kampfrichter herkommen?

Daher gilt für mich: Wiederherstellung der alten Regelung bei DTU und WTC und sogar Ausweitung der Abstände bei der WTC. Alles andere ist Unsinn!“

Stimmen aus den Verbänden und der Veranstalter
Dr. Klaus Müller-Ott (Präsident der Deutschen Triathlon Union): „ Aus Sicht der Deutschen Triathlon Union (DTU) ist die geforderte internationale Angleichung an das Regelwerk von ETU und ITU notwendig gewesen. Eine weitere Begründung liegt in den vielen Starts ausländischer Athleten an Wettkämpfen der DTU, die eine Angleichung der Standards erfordern. Die einstimmige Beurteilung der deutschen und europiäischen Wettkampfrichter lautet, dass es keine Probleme bei der Angleichung geben wird.“

Rolf Kather (Vorsitzender im Hessischen Triathlon Verband): „ Aufgrund der notwendigen Angleichung der Sportordnung auf Internationale Standards, musste die gesamte Sportordnung der DTU modifiziert werden. Darunter fiel auch die Änderung der Windschattenregel, hier besonders die Verkleinerung der Größe der Windschattenbox. Der HTV sieht die neue Windschattenregel als geeignetes Mittel, um vor allem auf flachen Sprintstrecken im Triathlon und Duathlon für eine Entzerrung der Rennsituation zu sorgen. Weiterhin ist somit den Athleten gedient die so, durch eine nicht änderbare Topographie, nicht mehr so stark gefährdet sind disqualifiziert zu werden. Die neue Regel stellt natürlich eine neue Herausforderung an alle Beteiligten dar, ebenso für die Kampfrichter, wie für die Athleten. Der HTV ist sich sicher, dass die Kampfrichter in Hessen und in den anderen Bundesländer diese Regel mit viel Fachverstand und Fingerspitzengefühl umsetzen werden. Wie bei der alten Windschattregel steht und fällt die Umsetzung der neuen Regel natürlich mit dem Wettkampfverhalten der Athleten,wenn sich alle an das Reglement halten und einen fairen saubern Wettkampf bestreiten, sieht der Hessische Triathlon Verband keine Probleme aufkommen.“

Herbert Walchshöfer (Veranstalter Quelle Challenge Roth): „Weder die neue WTC-Regelung noch die aktuellen DTU-Kriterien zum Windschattenfahren tangieren den Quelle Challenge Roth, gleichwohl haben wir dazu im Interesse der betroffenen Athletinnen und Athleten eine Meinung. Nach wie vor gilt im Triathlonsport die allgemein verbreitete Meinung, dass Windschattenfahren nicht mit dem Geist der Sportart vereinbar ist. 
In der Anwendung der neuen Regelungen hat sich gezeigt, dass diese wenig praktikabel sind und dem Anforderungsprofil nicht entsprechen. Wer solche Erfahrungen macht, muß auch den Mut haben zu korrigieren, dazu wollen auch wir mit diesem Statement aufrufen. Nicht zuletzt unser Rennen in Roth hat gezeigt, dass auch große und damit schwierig zu steuernde Starterfelder mit dem alten Regelwerk gut klarkommen, es kommt eben auf die konsequente Auslegung bestehender Vorschriften an. Auch ohne die Übernahme fragwürdiger Neuerungen kann Triathlon weitgehend windschattenfrei bleiben.“

Kurt Denk (Präsident Opel IRONMAN Germany Triathlon): „ Ich habe selten soviel theoretischen Unsinn auf einmal vor Augen gesehen. Wer innerhalb der Funktionärsschichten glaubt mit immer neuen Regelungen dem Sport dienen zu können sollte zuerst einen Kurs in effektiver Sportvermarktung belegen. Das was hier vorgeschlagen wird zielt total in das sportliche und vermarktungsstrategische Nichts! In unseren Rennen (z.B. Opel IRONMAN GERMANY Triathlon) wird es solchen "Kunstkäse" nicht geben.“

Kai Walter (Renndirektor Opel IRONMAN Germany Triathlon): „ Auch ich denke, dass die Windschattenregel bleiben sollte wie sie ist - es ist ein Triathlon und jeder kämpft individuell. Wir haben gezeigt, dass man ein großes Rennen "handeln" kann. Die Regel für die IRONMAN Rennen in den USA halte ich für gewöhnungsbedüftig.
In einem stark besetzten Rennen mit Männer und Frauen, hast Du jede Menge starke Radfahrer, dicht gedrängt mit Age Groupern, die in solch einer Konstellation zu Konflikten führen. In einem Rennen mit überwiegend Age Groupern, die finishen wollen, ist das einfacher. Die hohe Zahl von Profis macht die WTC-Regel schwierig. Windschattenverbot gehört zu IRONMAN, hier gibt es keine Aufweichung.“

Stimmen vom Team 3athlon.de
Dirk Kantlehner: „ Was ich nicht weiß, macht nicht heiß
Da mag man sich nur an den Kopf fassen - still, leise und heimlich änderte die DTU die Windschattenregel über die Kurzdistanz. Kaum eine Ankündigung erfolgte seitens des Verbandes und so ist der Mehrzahl der Triathleten und Veranstalter über die neue Regel überhaupt nicht aufgeklärt. Das Volk soll dumm gehalten werden, denn so kann es keine Gegenwehr von der Basis geben. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. 

Hurra, es lebe der Draftathlon
Nun ja, jetzt soll sie also kommen, die neue Regel, die den Triathlonsport radikal verändern wird. Wir werden noch mehr Schwimmen und Laufen trainieren und weniger das Radfahren. Kaum eine nennenswerte Bedeutung wird die zweite Disziplin haben, denn aus 5 Meter wird ganz schnell nur noch 1 Meter. Ich sehe die Bilder schon lebhaft vor mir: die Riesenpulks in Hamburg und die vielen Stürze. Dieser neue Sport hat leider nicht mehr viel mit der ursprünglichen Idee des Triathlonsports zu tun und ist in meinen Augen nicht mehr würdig den Namen Triathlon zu tragen. Hurra, es lebe der Draftathlon. 

Die falsche Entwicklung 
Das heutzutage auch über die Kurzdistanz gedraftet wird, ist unstrittig. Und in NRW hat man teilweise das Gefühl, es ist sogar mehr geworden mit dem Gelutsche auf der Radstrecke. Liegt es an der zunehmend fehlenden Moral der Athleten oder gibt es vielleicht einen Grund? In der Tat es gibt gleich mehrere - so wurde vielfach die ursprüngliche Schwimmstrecke auf 1000 Meter verkürzt. Mehr Breitensportler und Quereinsteiger nahmen am Wettkampf teil und die Veranstalter verzeichneten steigende Teilnehmerzahlen - was wiederum zu mehr Teilnehmer auf der Radstrecke führte. Auch die Rundenanzahl auf der Radstrecke wurde oft reformiert - attraktiver sollte es für die Zuschauer werden und so wurde im schlimmsten Fall aus einer 40 Kilometer-Runde ein 8 x 5 Kilometer Rundkurs.
Wundern darf man sich also über das "Gelutsche" herzlich wenig oder wie sollen denn 400 Athleten auf einem 8 x 5 Kilometer Rundkurs halbwegs die gewünschten 10 Meter einhalten?

Demokratie gegen das Volk - ist Demokratie gegen die Basis
Schaut man sich die Regel in anderen Ländern an, so hat weder Papua Neuguinea noch das Land mit den meisten Triathlons, Australien eine 5 Meter Windschattenregel eingeführt. Warum macht man diesen Unfug in Deutschland? Etwa für die Handvoll Ausländer aus Down Under, die in ihrem Land mehr als 5 Meter bei Non-Drafting Wettkämpfen einhalten müssen? Auch wenn die Australier und Neuseeländer die größten Anzahl der Toptriathleten (max. 20) in Deutschland stellen, ihnen ist es prinzipiell egal auf welchen Wettkämpfen und Formaten sie an den Start gehen - sie sind Profi-Triathleten. Die Angleichung an das internationale Regelment kann es doch wirklich nicht sein! Ist sie es Wert, obwohl die Basis und Mehrzahl der deutschen Toptriathleten eine andere Sportart wünschen als Draftathlon?“

Holger Spiegel: „Die aktuelle Regeländerung ist nur ein weiterer Schritt in die Richtung, die, zumindest von den internationalen Gremien schon vor etwa 10 Jahren eingeschlagen wurde. Damals ging es um die Eingliederung des Sportes ins olympische Programm und wurde von den Funktionären als, für dieses Unterfangen notwendige Voraussetzung artikuliert.
Angesichts verschiedener Draftingexzesse bei nationalen und internationalen Titelkämpfen war damals ziemlich klar, dass Handlungsbedarf vorlag. Die einfachste und möglicherweise auch sauberste Lösung für das Problem war und ist es bedauerlicherweise auch immer noch, die Draftingfreigabe.

Diese Regelveränderung verlagert die Gewichtung der einzelnen Disziplinen und erweitert den Rahmen der taktischen Varianten bei Wettkämpfen um die Teamkomponente. Durch Drafting Freigabe werden so z.B. "Wasserträgerdienste" im den Teildisziplinen Schwimmen und Rad denkbar, wie man sie auch vom Radsport kennt. Dadurch kann es zu völlig anderen Rennverläufen kommen, als man es vom im Grunde eher langweiligen Triathlonsport gewohnt ist. Langweiliger, oder unattraktiver wird der Sport dadurch sicher nicht.
Was vor allem Triathleten der ersten Stunde an dieser Entwicklung stört, ist die Abkehr von der Idee, die für viele mit Triathlon immer noch, zumindest als Ideal, verknüpft ist, nämlich die Idee von einem fairen Kräftemessen über eine bestimmte Strecke, im Kampf nur gegen sich selbst und die Elemente.
Das ist es doch, was uns vorschwebt, und was uns, abgesehen von den Palmen, den rasierten Beinen, und den geilen Rennmaschinen an diesem Sport fasziniert hat.

Wenn man es genau nimmt, gibt es aber schon seit Jahren nur noch ganz wenige Wettkämpfe, deren Realität mit diesem Ideal vereinbar ist. Bei der Mehrzahl der Kurzdistanzen, egal, ob wir uns auf Regionalliga, oder Bundesligalevel bewegen, und auf den meisten Langdistanzen leider auch, wird gelutscht was die Kampfrichter hergeben, und nicht nur von ein paar schwarzen Schafen sondern von vielen. Das ist zum Teil der Streckenführung, zum Teil dem Teilnehmeraufkommen, zum Teil schludrigen Kampfrichtern und leider auch zum großen Teil der Ignoranz und dem verbissenen Ehrgeiz der Athleten zuzuschreiben, die sich einfach nicht am Riemen reißen können.

Wenn nun die Entwicklung in Richtung Drafting weitergeht ist das höchstens ein weiterer schmerzlicher Abschied von einem Ideal, denn die Realität sieht schon lange so aus, und wenn es bald heißt "Drafting Frei" auf allen Strecken, dann passen Regeln und Realität wieder zusammen. Ich werde dann nicht mehr dabei sein, bei diesen Rennen, aber das tut mir nicht weh, denn es wird weiter Rennen geben bei denen ich noch den alten Spirit finden werde und ob die dann Triathlon heißen, oder sonstwie ist mir ganz egal.“

Kai Baumgartner: „ Ich bin über die erneute Aufweichung der Regel nicht glücklich, sehe aber eine grundsätzliche Handlungsnotwendigkeit der Verbände. Wenn die Entwicklung mit dieser Progression genauso weiter voranschreitet wird wohl in 2-5 Jahren das windschattenfreie Rennen allenfalls einzelnen Langdistanzrennen oder Serien vorbehalten sein.

Mit der Angleichung an das ITU-Regelwerk werden Defizite im Kampfrichterwesen und auch in der Moral jedes einzelnen Athleten falsch aufgearbeitet. Pragmatisch gesehen, ist es wohl eine praktikable und ökonomische Lösung, die gängige Praxis und Regelwerk auf Deckung bringen.

Ich erwarte für 2004 reale Abstände von 3x1,5 bis 4x2 Metern, die auch auf Seiten der Veranstalter für Kopfzerbrechen sorgen werden. Triathleten sind nicht ohne weiteres in der Lage so enge Rennen unfallfrei auf dem Rad zu fahren und Ordnungsamt und Polizei dürften Probleme bei der Genehmigung der Radstrecken bereiten: Für den Außenstehenden ist kaum mehr eine Trennung zwischen vollgesperrte Streckenführungen benötigende Massenpulks und halbwegs regelgerecht fahrenden Triathleten sichtbar. Wer soll diese Rennen dann noch in der bisherigen Quantität und Qualität in Deutschland genehmigen? Oder fahren wir zukünftig alle über Kopfsteinpflaster rund um das nächste Einkaufszentrum?

Als abschließendes Fazit verändert sich - Evolution hin oder her - der Charakter der Sportart vor allem für die Basis der Hobbyathleten. Triathlon ist auch das Einzelzeitfahren auf dem Rad – die geplanten Änderungen verzerren das Anforderungsprofil existenziell und gefährden die attraktive Streckenauswahl der Veranstalter.

Daher unterstütze ich die Petition Drafathlon für die Beibehaltung der alten Abstände und schärfere Regelauslegung, werde aber in den Rennen das aktuelle Regelwerk der DTU einhalten.“