Kai Baumgartner kommentiert den Ironman Hawaii Triathlon, Triathlon bei Olympia und den Lifestyle von Triathleten. Der vertiefende Blick auf weitere Ausdauersportarten, Sportpolitik und Doping gehört ebenso zum Pflichtprogramm, wie die Suche nach den Dingen hinter dem Tellerrand. Per Interview, Kommentar, Reportage in Wort, Podcast, Bild oder als Video.
Every year around Kona, I like to forecast some racing action and usually predict top 10 female and male finisher. The 2013 Frankfurter Sparkasse IRONMAN European Championship (indeed a long title) attracted a strong and deep field. Probably the best field ever in Europe or at least in 2013 except Kona. OK, here we go - no explanations. Just my gut feeling and hopefully no pro is getting mad and angry.
Defending female champion Caroline Steffen is taking a break from racing in Frankfurt am Main. Another chance for other pros Screenshot: World Triathlon Corporation
Ironman Weltmeister Chris McCormack hat es bis auf die Müslischachtel in den USA geschafft. Neudeutsch Cerealien und träumt seinen Traum von der Teilnahme an den Olympischen Spielen 2012. Dafür verzichtet der Australier sogar auf die Titelverteidigung auf Big Island, Hawaii, soweit zu den offiziellen Presseerklärungen. McCormack tritt dabei nicht als Top-Scorer mit dem Ziel Podiumsplatzierung auf, sondern möchte als Edel-Domestike für die wieselflinken Läufer im australischen Kader solide Nachführarbeit leisten.
Wird der Olympische Triathlon von London 2012 mit Alistair und Jonathan Brownlee ein ganz besonderes Dream-Team in perfekter Harmonie erleben? Photo: Delly Carr/ITU Media
Macca wäre aber nicht Macca, wenn er sich bei entsprechend positiver Entwicklung seiner Laufleistung von derzeit rund 31 Minuten auf 10 Kilometer nicht auch hier seine ganz eigenen Gedanken für den Tag der Tage im August 2012 gemacht hätte. Vielleicht sehen wir am Hyde Park eine verkehrte Welt. Teamkollegen wie Courtney Atkinson arbeiten für den cleveren Mann aus Sydney, der sich vorab im internen Qualifikationsprozeß etwaiger Konkurrenz entledigt hätte.
Australien diskutiert offen über Teamtaktiken und Helferrollen. Gibt es in den anderen Ländern, vielleicht auch bei den Nationen mit Favoriten vergleichbare Konstellationen? Der zweifache Medaillengewinner Simon Whitfield aus Kanada hatte Colin Jenkins bei Olympia 2008 in Beijing an seiner Seite. Die Spanier bauten bereits vor ein paar Jahren um den ehemaligen Weltmeister Ivan Rana ein Helfersystem auf. Rana, mittlerweile nur noch die Nummer 2 oder 3 im spanischen Aufgebot wird sich 2012 wohl wie schon 2008 mit einer Helferrolle begnügen müssen. Gelegentliche Ausflüge in die Welt des Profiradsports haben ein ausreichend solides Fundament für die zweite Disziplin gelegt.
Deutschland hat derzeit mit seinen 4-6 potentiellen Olympiakandidaten Jan Frodeno, Steffen Justus, Sebastian Rank, Maik Petzold, Jonathan Zipf und dem mit einem sehr großen Fragezeichen versehenen Daniel Unger eher Einzelkämpfer im Portfolio, die erst beim Testwettkampf in London im kommenden August eine erste Hackordnung festlegen werden.
Olympiasieger Jan Frodeno ist nach den schwächeren Rennen im Frühjahr, etwa durch Raddefekt im Triathlon von Hamburg noch keineswegs sicher für London 2012 qualifiziert. Noch geben die Youngster, allen voran Sebastian Rank in der Deutschen Triathlon Union in der laufenden Saison den Ton an. Photo: Delly Carr/ITU Media
Rußland scheint prädestiniert für Teamtaktiken. Schließlich stellt das Land regelmäßig exzellente Schwimmer und bärenstarke Biker im ITU Circuit. Noch fehlt es an einem Top-Läufer. Alexander Brukhankov konnte 2011 lediglich in Kitzbühel bei eher sibirischem Wetter überzeugen.
Überzeugen konnte in Kitzbühel auch der Brite Alistair Brownlee. Zusammen mit seinem Bruder stellen sie bereits die Zwei-Mann-Mannschaft, der derzeit beliebig und nahezu spielerisch die Felder auseinandernimmt und die Reste spätestens auf der Laufstrecke zerpflückt. Die hohe Tempohärte der zwei Brüder und der stete Drang bei jedem Start den Triathlon aktiv von vorne zu führen und mitzugestalten macht sie zu siamesischen Zwillingen mit situativer Arbeitsteilung. Zuarbeiten könnten die starken Radfahrer William Clarke, der erstmalig in Hamburg international auf Top-Niveau läuferisch glänzen konnte und Stuart Hayes. Ex-Welrmeister Tim Don ist wegen seiner nur durchschnittlichen Radfahrfähigkeiten und seinem bisweilen unerreichten läuferischen Stehvermögen dann doch eher der Mann für die Einzelwertung.
Ein dunkles Kapitel möglicher Teamtaktik öffnete ein anderer Brite in der laufenden Saison. Harry Wiltshire blockierte Gomez als einen Mitfavoriten für London 2012 beim ITU WCS Series Rennen von Madrid, schlug ihn im Wasser, drängte ihn ab und setzte das unsportliche Verhalten in der Wechselzone und auf der Radstrecke fort. Der arme Tropf wurde noch während des laufenden Triathlons herausgewunken und disqualifiziert.
Kein Betrugsversuch im eigentlichen Sinne. Beim ITU WCS Triathlon Madrid 2011 drängte der Brite Harry Wiltshire den Spanier Javier Gomez Noya mit Vorsatz von der Ideallinie ab, blockierte seinen Schwimmausstieg und auch den folgenden Wechsel. Wiltshire wurde von der ITU rückwirkend vom 28. Juni für 6 Monate gesperrt. Ein Start im leistungsstarken Team für die Olympischen Spiele in London und Einsatz vor heimischen Publikum ist mit der Strafe nahezu unmöglich.
Wenige Wochen später folgte eine offizielle sechsmonatige Sperre, rückwirkend ab 28. Juni 2011 durch die ITU. Wiltshire wird London wahrscheinlich nur von der Zuschauertribüne verfolgen können. Wiltshire zeigt sich indessen uneinsichtig: "Ich bin extrem über die sechsmonatige Wettkampfsperre wegen unsportlichem Verhaltens aufgebracht. Nach 14 Jahren Teilnahme ist dies ein (echter) Schlag."
Während der Beratung über das Strafmaß wegen unsportlichem und andere Athleten gefährdenden Verhaltens konnte kein Nachweis erbracht werden, dass Wiltshire auf Anweisung eines Teamkameraden oder eines Offiziellen der britischen Federation gehandelt hatte. Die Brownlee Brüder haben so eine Hilfe derzeit gar nicht nötig. Ohne Beweis, erging folgerichtig keine Sanktion oder Strafmaßnahme gegen das gesamte britische Team.
Der Vorfall im britischen Team ist ein sehr gutes Beispiel von negativ-destruktiver Teamorder, die man aus anderen Sportarten sehr wohl als taktisches Foul kennt. Die International Triathlon Union tut sehr gut daran bei weiteren Verdachtsfällen konsequente Sanktionen auszusprechen. In London werden wir wahrscheinlich trotzdem - im kleineren oder größeren Umfang - vor allem unter das Wasseroberfläche und an den Wendebojen beim Schwimmen den ein oder anderen Ausflug in die Vollkontakt-Kampfsportszene sehen. Weiter vorne sorgen indessen die Wellenbrecher im Wasser und auf dem Rad für ruhiges Fahrwasser der Laufraketen. Sofern, die beiden Brownlee Brüder scheinbar spielerisch nicht einfach das Rennen im Paarzeitfahren gegen den Rest der Triathlon-Elite für sich entscheiden.
Das letzte Posting über die Verantwortung der Veranstalter für Fairness im Sport zu sorgen hat zu diesem Artikel inspiriert. In den letzten 10 oder 15 Jahren sind sonderbare Geschehnisse großteils als Augenzeuge erlebt worden. Beim Ausflug in die Welt der kleineren und größeren Gaunereien wurde auf die Gesamtthematiken Doping und das Verlassen und Abkürzen der Wettkampfstrecken bewusst verzichtet. Auf eine Namensnennung innerhalb der Top 5 wird ebenfalls kein Wert gelegt, wenngleich manche der Geschichtchen natürlich unweigerlich deutliche personengebundene Assoziationen wecken.
Absolut kein Betrüger, sondern ein aufrechter Sportsmann und Finisher. Chris Sadowski wurde beim Ironman Hawaii 2004 bei Radkilometer 168 von einem offiziellen Motorrad "touchiert" und sein Hinterrad plastisch verformt. Es war wohl der bisher längste Marsch auf Socken, den Big Island bis dato gesehen hat. Photo: Kai Baumgartner
Unter Wasser ist der Race-Marshall blind
Ein männlicher Profitriathlet war der Meinung mit speziellen, weichen Handpaddles die Auftaktdisziplin über 3,86 Schwimmkilometer in Angriff nehmen zu können. Die Kampfrichter verdeutlichtem ihm die Sinnhaftigkeit des Regelwerks kurz nach dem Schwimmausstieg.
Der Michelin-Mann Effekt
Auf Big Island von Hawaii sind Prototypen von Schwimmanzügen hoch im Kurs. Die Innovationsfreude der Hersteller und Profis erlangte in einem Jahr traurige Berühmtheit, als vermehrt sogenannte Speedsuits mit doppelten Schichten und damit größerem Auftrieb und stärkerer Kompression auftauchten. Zuvor durchgeführte "normierte" Floating-Tests mit definierten Beschwerungsgewichten passierten die zuvor gezeigten Referenzanzüge problemlos.
Kein Betrugsversuch im eigentlichen Sinne. Beim ITU WCS Triathlon Madrid 2011 drängte der Brite Harry Wiltshire den Spanier Javier Gomez Noya mit Vorsatz von der Ideallinie ab. Wiltshire wurde von der ITU rückwirkend vom 28. Juni für 6 Monate gesperrt.
"Got a ride" Teil 1
Bei einem der härtesten Triathlons der Welt konnte ein Triathlet während einer sehr langen (!) Flachpassage etwa 50cm hinter einem wirklich großen Van mit offener Heckklappe gesichtet werden. Zwecks Alibi wurden von den beiden einheimischen Insassen ab und an unmotiviert mit einer Amateurkamera die typischen Handbewegungen eines Fotografen durchgeführt. Ungeklärt und noch immer Objekt heftiger Spekulation ist der Umstand, ob bei den langen Bergaufpassagen besagter Profi samt Bike im Inneren des Vans verschwand.
"Got a ride" Teil 2
Ebenfalls unter Innovationsdruck stand bei identischer Wettkampfdestination eine Landsfrau. Sie begnügte sich in einem anderen Jahr, genügsam wie sie war, mit einem Motorrad als Pacemaker.
Da war die Luft raus
Bei den World Military Triathlon Championships manipulierte ein Nationalkader-Triathlet das Wettkampflaufrad seines eigenen Mannschaftskollegen vor dem Start. In der Wechselzone ließ er in einem vermeintlich unbeobachteten Augenblick die Luft entweichen. Vom betroffenen Triathleten inflagranti erwischt, hatte der Deliquent sehr viel Glück nicht vor ein Kriegsgericht gestellt und damit unehrenhaft entlassen zu werden. Das Abschneiden bei einer Militär-WM ist maßgeblich mitentscheidend für die Zuordnung in entsprechende Sportfördergruppen als Berufssoldat. Der sportliche Fachverband deckte den Vorfall. In seiner späteren Karriere sollte der Athlet, wenn es mal nicht mehr so richtig rund lief, auf einsamen Streckenabschnitten primär bei seinen eigenen Laufrädern die Luft rauslassen. Streckenabkürzungen gehörten leider ebenso zu seinem Standardrepertoire.