„Ich bin ein Träumer“ sagt verschmitzt lachend John Lancy von sich, wenn man ihn nach einer kleinen Weile im Gespräch auf seinen Beruf anspricht. Ich arbeite nicht, schiebt er hinterher. Der ehemalige Navy Seal ist einer der vielen Veteranen, die in Vietnam gedient haben und versuchten ohne großen Schaden an Körper und Seele der Hölle zu entfliehen. John ist für amerikanische Verhältnisse im besten Alter und sorgt mit regelmäßiger Zuverlässigkeit für Verstörung bei den mit Plastikbeutel und Kniestrümpfen bewaffneten Besuchern, die den Kreuzfahrtschiffen „Serenade“ oder „Pride of Hawaii“ entströmen.
„Versucht er gerade aufzustehen? Muß man ihm helfen?“ John benötigt keine Hilfe, er ist fitter als so mancher Triathlet seiner Altersklasse. Sein muskulöser Oberkörper ist wie gemeißelt – wenig Fett ist an ihm zu finden. Ein sehr fitter 30- oder 40-Jähriger würde sich freuen, wenn er mit John mithalten könnte. „Ich mache täglich meine isometrischen Übungen im Wasser und drüben auf dem Parkplatz“ sagt der durchaus exzentrisch bei seinem Gegenüber ankommende Mann mit dem vom Salzwasser und Alter verblichenen Haaren und gepflegtem Rauschebart.
Wenn John seine Übungen macht, dann sieht das manchmal lustig oder auch hilflos aus. Wenn er kopfüber irgendwo im Nirgendwo zwischen Pier, Kai und Abtrennleine zum kleinen Bootsbetrieb im sanften Geplätscher des süd-pazifischen Wasser steckt. Während die blaue Schirmmütze mit hawaiianischer Gelassenheit und Grazie neben den Füßen dümpelt, verdrehen die ersten Touristen hilflos die Hälse, um nach der Pieraufsicht zu rufen oder nesteln nervös an ihren Beuteln und Hüftholstern nach dem Mobiltelefon.
In Texas geboren, in Michigan und Kalifornien aufgewachsen hat der Mann mit den vielen Tüten und dem Leinenrucksack keine Lust mehr über Krieg zu reden: „Atombombentest in Korea? Ich habe kein Interesse mehr an diesen Sachen. Einer muß ja immer wieder anfangen. Es war schön mit Dir zu plaudern, aber ich muß jetzt noch kurz meine Wäsche waschen“. Vorgewaschen hat er sie ja bereits am Strand, jetzt schlendert er die paar Meter zur öffentlichen Dusche, direkt am Hotelstrand.
Hang loose, John