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Donnerstag, 18. August 2011

Marktkonsolidierung - können integrierte Triathlon-Fachgeschäfte langfristig erfolgreich sein?

Triathlon boomt, dieser Umstand steht nicht zur Diskussion, sondern lässt sich quasi beliebig mit Fakten  untermauern. Auf Wachstumskurs steht die Zahl der Veranstaltungen mit steigenden Teilnehmerzahlen, die Verbände freuen sich über neue Tageslizenzen und Startpassinhaber, die Umsätze der Fachindustrie wachsen in den Segmenten Schwimmen, Radfahren und Laufen. Die hohe Innovationskraft der Triathlon-Industrie befeuert den Umsatz mit experimentierfreudigen Triathleten. Als herausragender Impuls für die Erschließung neuer Marktanteile seien lediglich Kompressionskleidungen, Speedsuits und Wattmeßssysteme genannt, die vor wenigen Jahren noch gar kein Thema waren oder für die Meßsysteme gesprochen nur einem elitären Kreis zugänglich. Kann die Vielzahl der Fachhändler für Triathlon am Markt erfolgreich sein? Kommt die beratungsintensive Sportart Triathlon ohne den gut geschulten Fachhändler vor Ort aus?
Am 11. August 2011 meldete ein ambitioniertes Projekt aus Hamburg, die Trionik GmbH Insolvenz beim Amtsgericht Hamburg unter dem Aktenzeichen 67g IN 327/11 an. Der Saisonschlussverkauf geht indessen weiter. Erst im Februar 2010 ist das erste von mehreren geplanten Ladengeschäften an den Start gegangen. Photo: Screenshot Trionik
Grundsätzlich kann ein Triathlon-Fachhandel sehr erfolgreich auftreten. Neben der geeigneten Standortwahl mit ausreichend großem Einzugsgebiet und geringem lokalem Wettbewerb muss aber das Gesamtkonzept stimmen., um sich wohltuend abzuheben vom grauen Einerlei der Hans', Rudis und Helmuts Triathlon oder Radshops. 

Mit dem groben Sieb gefiltert ist Triathlon noch immer eine absolute Nischensportart für Liebhaber mit recht geringen Umsatzzahlen und oftmals kleiner Gewinnspanne. Triathleten geben Geld, viel Geld für den Sport aus, informieren sich aber detailliert und sehr ausführlich vor einer Kaufentscheidung. Sie sind vor Kaufabschluss meist so gut informiert, oder vermitteln zumindest dem Fachverkäufer den entsprechenden Eindruck, dass nach einem wohlwollenden Gespräch auf Augenhöhe zwischen König Kunde und Anbieter die Wahl getroffen wird. Spezialisierte Fachgeschäfte müssen neben den klassischen Angeboten insbesondere im Servicebereich KnowHow, Kompetenz und Mehrwert bieten, um nicht Marktanteile an bereits andere etablierte Verkaufskanäle zu verlieren. Gute Personalentscheidungen und dadurch triathletischer Stallgeruch und eine Sorgwirkung für Multiplikatoren sind einem Erfolg ebenfalls zuträglich.

Aktuell sind in der Verkäuferlandschaft im Triathlonsport folgende Händlertypen anzutreffen:
  1. Der Radsportfachhandel mit einer Auswahl an Zeitfahrrädern
  2. Der Laufsportfachhandel mit Triathlonschuhen
  3. Die seltene Spezies des Schwimmfachhandels, in dessen Auslage sich der ein oder andere Neoprenanzug verirrt
  4. Eine Kombination der ersten beiden Optionen, ergänzt um eine kleine Schwimmabteilung
  5. Der reinrassige Triathlon-Fachhandel, bei dem allenfalls Rennräder und MTBs für Standardszwecke zum abrundenden Produktportfolio gehören
  6. Der Online-Fachhandel mit ggf. angeschlossenem Ladengeschäft
  7. Der Inhalteanbieter mit Online-Fachhandel und/oder Ladengeschäft
  8. Hersteller mit eigenem Direktvertrieb 
Immer mehr Hersteller treten mit eigenem Vertrieb, ergänzend zu bestehenden Handelsstrukturen, direkt an den Endkunden heran. Sie verzichten je nach Modell vollständig oder teilweise auf den Fachhandel. Der us-amerikanische Marktführer XTerra Wetsuits ist in Nordamerika sehr erfolgreich, Newcomer wie Tri11 versuchen sich auf dem europäischen Markt mit einem ähnlichen Modell. Canyon ist als Fahrradhersteller aus Deutschland nicht nur in der Triathlon-Szene nicht wegzudenken. Vergleichbares schafft PlanetX im britischen Bikemarkt. PowerBar als Platzhirsch in der Sporternährung hat einen erfolgreichen Online-Shop, der sukzessive anderen Ländern geöffnet wird und den Fachhandel ergänzt. Bekleidungshersteller, wie Skinfit bevorzugen den Direktvertrieb mit Einbindung regionaler Handelsvertreter und Ladengeschäfte.

Derzeit erfolgreich sind die sehr großen, extrem schnell gewachsenen Spezialisten aus dem Online-Fachhandel, die ihren Erfolg durch hohe Umsatzzahlen, aggressive Preisgestaltung und sehr umfangreiche Produktsortimente untermaueren konnten. Sie drängen zahlreiche lokale Mitbewerber zunächst von den Events und Messen und verhindern so für diese die Neuerschließung von Kunden. Über die Reichweitenvorteile, das umfassende Produktsortiment und die flexible Preisgestaltung werden schließlich auch die lokalen Händler unter Druck gesetzt, sofern die Servicequalität weiter stimmt.
Der aktuelle Crailsheimer Marktführer im deutschsprachigen Raum baut zum Beispiel auf eine umfassende und deutlich sichtbare Präsenz auf zahlreichen Events in allen Ausdauerdisziplinen. Mittlerweile importiert er auch das ein oder andere Produkt (exklusiv) für DACH oder Europa.

Ebenfalls gute Chancen, sich im Markt durchzusetzen haben integrierte Newsportale, die neben Online-, und Offline-Shop auch einen Mehrwert, wie Trainingsbetreuung, Leistungsdiagnostik und ein medizinisches und physiotherapeutisches Netzwerk "Inhouse" zur Verfügung haben. Der Kunde kann im besten Fall von A bis Z alle Wünsche und Anliegen an einer Stelle vortragen und erfährt vorab im bestmöglichen Falle im Internet in ausführlichen Produkttests und Produktvorstellungen Details zu seinen Kaufoptionen.

Entscheidend ist neben dem richtigen Konzept auch die Standortfrage. An manchen Orten mit etablierten Events, wie dem Frankfurter Raum und Hamburg stehen sich die Fachhändler quasi gegenseitig auf den Füßen, buhlen um die relativ kleine Zahl gut informierter und in den Vereinen organisiertern Triathleten und konkurrieren intern oftmals gegen dort herrschende Haus- und Hoflieferanten. Andere Standorte, wie München sind für den Händler sehr teuer und verlangen nach größeren Umsätzen im Saisongeschäft Triathlon. Aktuell kann man in Hamburg, mit den von Upsolut geprägten Veranstaltungen in den Ausdauersportarten eine Marktkonsolidierung beobachten. Andere Standorte werden folgen.

Gefährlich kann den in 5-10 Jahren etablierten, wenigen Platzhirschen ironischerweise ein zu starker Boom der Sportart werden. Ironman hat sein Ironman360-Direktgeschäft in Europa noch nicht implementiert, andere große Serien haben einen eigenen Vertrieb jenseits von Merchandise-Artikeln noch gar nicht auf ihrer Roadmap. Die großen überregional tätigen und mittleren regional etablierten Sportfachhändler mit Vollsortiment haben noch kein Auge auf den Triathlon geworfen. Triathlon, bleibt nicht nur als Sportart in beständiger Bewegung.