Felix Walchshöfer führt zusammen mit seiner Mutter Alice und seiner Schwester Kathrin die TEAMChallenge GmbH in Roth. Neben ihren Aushängeschildern Challenge Roth und Half-Challenge Kraichgau verzeichnete die internationale Rennszene in immer kürzerer Folge Veränderungen aus Mittelfranken. Das Familienunternehmen hat sich mit derzeit 19 weiteren Triathlonveranstaltungen hinter der World Triathlon Corporation (WTC) und der International Triathlon Union (ITU) mit ihren zahlreichen verschiedenen Ausrichtern auf Rang 3 der globalen Organisatoren von Triathlon Events etabliert. Grund genug für DNF-is-no-option.com, den aktuellen Stand der Dinge abzufragen.
DNF-is-no-option.com/3athlon.org: Hallo Felix, vielen Dank für die Gelegenheit eines Interviews. Der Blick auf die Wetterkarte muss derzeit für Unruhe sorgen. Die Ereignisse vom vergangenen Sonntag und den nachfolgenden Tagen, bei dem zahlreiche Triathlonveranstaltungen wegen Dauerregens oder Hochwasser, zu kühler Wasser- und Lufttemperaturen gekürzt, in einen Duathlon gewandelt oder komplett gestrichen werden mussten sind sicher noch sehr präsent. Wie geht es da einem als Veranstalter bei zwei Wochen voller Hiobsbotschaften aus Europa?
Felix Walchshöfer: Uns liegt in erster Linie das Wohl unserer Athleten am Herzen, deswegen haben wir natürlich die Wettersituation intensiv verfolgt und beispielsweise beim Challenge Rimini die Schwimmstrecke verkürzt, um nicht das kleinste Risiko einzugehen. Inzwischen hat sich die Lage ja erfreulicherweise wieder beruhigt.
DNF: Am 9. Juni soll im eigentlich sonnigen Kraichgau die Half-Challenge stattfinden. Welche Notfallpläne können in Kraft treten, sofern die Sportordnung der Deutschen Triathlon Union dies erforderlich macht? Welche Restrisiken bestehen für Athleten, Angehörige, Zuschauer und die Veranstalter? Ist mit Einschränkungen zu rechnen?
Felix Walchshöfer: Der Kraichgau wird am Sonntag seinem Ruf als Sonnenschein-Destination alle Ehre machen. Notfallpläne gibt es natürlich, aber diesmal werden wir sie nicht brauchen. Schon jetzt ist sicher, dass das Schwimmen im Hardtsee ohne Einschränkungen möglich sein wird.
DNF: Werfen wir einen Blick auf die aktuelle Entwicklung der Rennserie unter der Challenge-Marke. Auf einer Weltkarte schlägt das Herz der Challenge in Mitteleuropa, die Vorkammer scheint neuerdings an der australischen Ostküste zu liegen. Mit Kanada und zwei asiatischen Rennen folgen zwei weitere Kontinente. Wie kam es zu dem ungewöhnlichen Strategiewechsel seit rund zwei Jahren vermehrt auf internationales Wachstum zu setzen?
Felix Walchshöfer: Wir stellen schon seit einiger Zeit fest, dass die Nachfrage internationaler Athleten nach Wettkämpfen in Nordamerika, Asien und Australien immens groß ist und immer noch spürbar steigt. Speziell Australien stand auf der Wunschliste der Athleten ganz oben – jeden Tag bekamen wir Anfragen, wann wir auf diesem Markt zurück sein würden. Der Erfolg gibt uns Recht, der Challenge Melbourne war nach eineinhalb Tagen ausgebucht!
DNF: Konkret nachgefragt, wann können die Fans in Südamerika und Afrika ihren ersten Challenge Triathlon auf dem eigenen Kontinent begrüßen?
Felix Walchshöfer: Ganz einfach: Sobald wir die richtige Location und den richtigen Veranstalter finden, der den Challenge-Spirit und unsere Werte versteht und mit uns gemeinsam umsetzt. Auch die Gemeinden und die Bevölkerung müssen hinter der Idee stehen. Uns geht es nicht um schnelles Wachstum, sondern darum, dass Partnerschaften einfach passen und dass die Chemie stimmt.
DNF: Wachstum führt zu Anpassungsprozessen und gelegentlichen Schmerzen. Wie stellt TEAMChallenge sicher, dass die Qualität und Kundenzufriedenheit bei jährlich hinzukommenden Rennen gewährleistet ist?
Felix Walchshöfer: Wir hatten im letzten Jahr ein „Jahr der Konsolidierung“ ausgerufen und unsere internen Strukturen den neuen Herausforderungen angepasst. Dazu gehört unter anderem, dass wir mehr Personal eingestellt und die Workflows neu definiert haben. Seit letztem Jahr gibt es nach jedem Wettkampf eine Athletenbefragung, die uns dabei hilft, deren Wünsche bestmöglich zu treffen. Für die neuen Wettkämpfe gibt es einen ganz genauen Auflagenkatalog, der die von uns geforderten Standards in punkto Service und Qualität beschreibt, natürlich geben wir den Veranstaltern auch die notwendige Hilfestellung dazu – in engem, kollegialem Austausch. Und letztlich lege ich sehr großen Wert auf persönliche Präsenz bei den Wettkämpfen. Meine Schwester Kathrin und ich haben uns die Rennen aufgeteilt – mindestens einer von uns ist immer vor Ort. Nur so bekommt man das richtige Gefühl für das Produkt und die Menschen, die dahinterstecken.
DNF: Wachstum muss nicht immer die geeignete Lösung sein, um sich auf einem hart umkämpften Markt zu behaupten. Premiumisierung des Produkts ist eine alternative Strategie. Die ambitionierten Pläne von StartEvents mit der Schaffung eines völlig neuen Rennformats und aggressiver Skalierung auf ein internationales Niveau bedeuteten leider das vorzeitige Aus der innovativen Serie. Sicherlich kein Makel, aber lässt dich das Schicksal der TriStar-Rennserie ab und an unruhig werden? Schließlich stand hinter TriStar eine erfahrene Mannschaft.
Felix Walchshöfer: Sie sagen es, auch wir legen es nicht auf Teufel komm raus auf größtmögliches Wachstum an, noch wichtiger ist uns der Ausbau unserer Qualitätsmarke Challenge zur Premium-Marke. Wir wollen die hochwertigsten Rennen im internationalen Triathlon-Zirkus veranstalten. Dafür tun wir einiges, investieren ständig in die Strecken, das Rahmenprogramm und die Ausstattung der Athleten. TriStar hatte eine völlig andere Ausrichtung als wir, und offensichtlich haben die neuen Rennformate keine Akzeptanz bei den Aktiven gefunden. Mir persönlich tut das leid, denn je breiter das Feld der Triathlon-Veranstalter aufgestellt ist, umso besser für den Sport.
DNF: Triathlon ist in allen Statistiken seit Jahren die am schnellsten wachsende olympische Sportart. Worin könnten die Gründe liegen?
Felix Walchshöfer: Triathlon ist einfach eine faszinierende, harte Sportart und speziell auf der Langdistanz auch hochemotional. Im Grunde ist es nicht nur ein Sport, sondern ein Lebensgefühl. Ich glaube, das ist auch ein Hauptgrund für die Beliebtheit unserer Challenge-Serie: Dass wir die Athleten mitnehmen und dieses Lebensgefühl mit ihnen teilen.
DNF: Wenn die Nähe von Altersklassenathleten und Profis, die Chance in einem Wettkampf unter vergleichbaren Bedingungen anzutreten, wenn dies einer von vielen Gründen für das andauernde Wachstum sind - wo sehen Sie die Grenzen der Popularität?
Felix Walchshöfer: Wenn alle Veranstalter, Verbände, Vereine, die Sponsoren und Medien weiter gemeinsam auf die Evolution unseres Sports setzen, sehe ich da im Moment keinerlei Grenzen…
DNF: Ist ein Vergleich zu Marathonveranstaltungen möglich oder sind Organisation und Durchführung auch wegen des komplexen Regelwerks im Triathlon auf der Radstrecke zu verschieden?
Felix Walchshöfer: Das sind zwei völlig unterschiedliche Paar Stiefel! An einem Marathon können 30.000 Menschen teilnehmen, im Triathlon vielleicht 3.000. Wegen der Raddisziplin sind einfach sehr viel geringere Kapazitäten möglich, das ist ein Fakt, an dem man nicht vorbeikommt. Und natürlich ist die Organisation eines Triathlon-Events sehr viel komplexer als bei einem Marathon.
DNF: Stichwort Windschattenfahren. Streckenprofil und Gestaltung, der stete Zustrom von Neueinsteigern und ein steigendes Leistungsniveau der etablierten Athleten bringen manche Events punktuell an die Grenzen der subjektiv empfundenen Aufnahmekapazität. Welche Maßnahmen muss ein Veranstalter vornehmen, um Problemen vorzubeugen? Gäbe es gewünschte Maßnahmen, die Anpassungen im Regelwerk voraussetzen?
Felix Walchshöfer: Das Regelwerk ist schon in Ordnung. Aber wir als Veranstalter haben natürlich die Möglichkeiten und auch – aus meiner Sicht – die Verpflichtung, Probleme zu vermeiden. In Roth verhindern wir Windschattenfahren effektiv und erfolgreich durch unsere Wellenstarts. In diesem Jahr haben wir übrigens die Größen der Startgruppen nochmal von 250 auf 230 heruntergeschraubt. Wichtig ist auch eine massive Präsenz von Wettkampfrichtern auf der Radstrecke, die Verstöße gegen die Wettkampfordnung drastisch ahnden. Auf unserer Radstrecke sind dieses Jahr 64 Wettkampfrichter im Einsatz. Denen kann man kein X für ein U vormachen!
DNF: Die Wettkämpfe in Roth und im Kraichgau sind zuletzt durch nationale und internationale Meisterschaften ausgezeichnet worden. Am kommenden Wochenende findet im Kraichgau die DM über die Halbdistanz statt. Erst kürzlich wurden die Deutschen Meisterschaften erneut an hiesige Triathlons vergeben. Wie wichtig sind diese für einen Veranstalter und welchen sportlichen Stellenwert haben diese für Profis und Altersklassensportler?
Felix Walchshöfer: Das ist natürlich eine ganz wichtige zusätzliche Auszeichnung für unsere Top-Starter und auch für die Agegrouper. Ich bin deshalb froh, dass wir die Deutschen Meisterschaften wieder bis mindestens 2017 in Roth und im Kraichgau haben. Die DTU setzt auf die Qualität unserer Wettkämpfe und auf die Fernsehreichweiten, die wir bei unseren Rennen garantieren können. DTU-Präsident Dr. Martin Engelhardt hat es so formuliert: „Insgesamt ist es unser Streben, die nationalen Titelkämpfe bei qualitativ hochwertigen Veranstaltern auszurichten, so dass die Entscheidung für Roth nahezu zwangsläufig gefallen ist.“
DNF: Profis folgen neben einer guten Rennatmosphäre, fairen Wettkampfbedingungen auch dem Ruf des Geldes. Wenn aus dem Nähkästchen geplaudert werden dürfte. Wie muss man sich das Prozedere vorstellen, wenn die TEAMChallenge diesen oder jenen Profi gerne verpflichten möchte und dies erfolgreich schafft? Wie läuft das ab? Zahlen dürfen auch gerne genannt werden :)
Felix Walchshöfer: Es geht nicht in erster Linie um Geld. Vielmehr machen sich da die vielen freundschaftlichen Beziehungen zu unseren Athleten „bezahlt“, wenn dieses Wortspiel erlaubt ist. Wichtig ist es, sehr frühzeitig Kontakt aufzunehmen und sein Interesse zu bekunden. Was uns natürlich in die Hände spielt: Es ist nach wie vor für jeden Athleten ein absolutes Muss, einmal in Roth gestartet zu sein. Roth ist Legende.
DNF: Unter den Profis gelten Belinda Granger, Chris McCormack und Peter Reid als Fans der Challenge Triathlons. Die beiden letztgenannten sind auch so etwas wie Athletenbotschafter in den wichtigen Märkten Australien und Nordamerika. Wie kam es zu der Kooperation?
Felix Walchshöfer: Ich nehme mal Macca als Beispiel dafür, wie so etwas abläuft: Macca ist an uns herangetreten, der Vorschlag kam von ihm selbst. Wir haben dieselben Wertevorstellungen, und er will uns mit einem Sachverstand und seinen wertvollen Kontakten auf unserem Kurs unterstützen. Es gibt ein Zitat von ihm, das es genau trifft: „Wir wollen die Triathlonwelt im Sinne unserer Werte verändern“.
DNF: Kehren wir zurück zum Flaggschiff, dem Challenge in Roth. Roth hat sich im Triathlon durchaus als Innovator etabliert. Die Langdistanz von Roth hat z. B. Wellenstarts und Staffeln eingeführt. Um den eigentlichen Event am Renntag wurde durch zahlreiche kleinere Mitmach-Angebote und eine attraktive Messe ein besonders langes Wochenende etabliert, das in Teilen durchaus dem us-amerikanischen Wildflower Triathlon ähnelt. Wie kam es zu der Idee des „Festivals“ bei dem auch Camping gerne gesehen wird?
Felix Walchshöfer: Das war die Idee, die Vision meines Vaters Herbert. Er hat sich bei unserer Neuausrichtung 2001 dafür entschieden, wegzugehen von einer reinen Triathlonveranstaltung und hin zu einem tollen Festival für die ganze Familie. Dahinter steckt die Philosophie der Inklusion: Wir wollen alle mitnehmen, die Familien und Freunde der Athleten, unsere Helfer, die Gemeinden, die Medien und Sponsoren, ja sogar die Gastfamilien – einfach alle sollen Spaß haben am Triathlon-Event und ein Teil davon sein.
DNF: Um den Festivalgedanken und Spekulationen weiter voranzutreiben. Wird es irgendwann neue Innovationen geben? Ein Radrennen oder ein Marathon mit eigenständiger Wertung und eigenem Zeitplan könnten den wirtschaftlichen Erfolg der Challenge Events steigern.
Felix Walchshöfer: Das wäre natürlich möglich, aber das wird es definitiv nicht geben, denn wirtschaftliche Erwägungen stehen bei uns nicht im Vordergrund, sondern die Attraktivität unseres Events. Beispiel ist unser neuer Frauenlauf Challenge Women, der dieses Jahr Premiere feiert. Wir bieten diesen 5-Kilometer-Lauf für gerade mal 15 Euro an, davon gehen auch noch drei Euro an ein Charity-Projekt. Wir verdienen daran keinen Cent, steigern aber den Erlebnischarakter des DATEV Challenge Roth. So soll es sein.
DNF: Die Challenge Triathlons wurden durch dich globalisiert. Dies kann man schon jetzt in die Geschichtsbücher eintragen. Welche Einträge stehen neben Detlef Kühnel und Herbert Walchshöfer?
Felix Walchshöfer: Detlef war der Pionier, der den Triathlon nach Roth gebracht hat. Herbert war der Visionär und auch der Retter. Er hat es gegen alle Erwartungen geschafft, eine funktionierende und erfolgreiche Langdistanz neben der Marke Ironman zu etablieren. Als Allererster hat er auch eine touristische Sichtweise auf das Produkt Triathlon entwickelt und auch in dieser Hinsicht völlig neue Wege beschritten. Auch sein absolutes Bekenntnis zur Einbeziehung von Wettkampfleitern, Helfern, Gemeinden und allen Beteiligten war visionär. Mit alledem hat er die Grundlage für unseren jetzigen Erfolg gelegt – ohne ihn wären wir nicht da, wo wir heute sind. Trotzdem haben Sie eine Person in der Aufzählung vergessen: meine Mutter Alice. Sie stellt die Verbindung zwischen den anderen dar. Schon zu Detlefs Zeiten hat sie im Pressebüro in der Organisation mitgearbeitet, dann mit meinem Dad zusammen die Marke Challenge aufgebaut, und jetzt ist sie für Kathrin und mich eine wertvolle und unverzichtbare Ratgeberin und Garantin für die Kontinuität unserer Veranstaltung.
DNF: Wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen allen Athleten der Challenge Kraichgau einen sicheren Wettkampf.