Dienstag, 6. September 2011

Eurobike 2011, kein Aussteller unter dieser Nummer


Die Eurobike 2011 war in ihrer 20. Auflage als Leitmesse der Fahrradindustrie für Aussteller und die Messe Friedrichshafen erneut ein großer Erfolg, wie für die tausenden Besucher. Wieder mehr als 40.000 Fachbesucher aus über 100 Ländern und mehr als 20.000 Endverbraucher am Publikums-Samstag. Messechef Klaus Wellmann zieht kurz und knapp Bilanz: "Super gelaufen." Eurobike-Projektleiter Stefan Reisinger ergänzte: "Fantastisch." 
Dirt Jump, Lake Jump, Marathon, Cross-Country, Triathlon, Randonneur oder Pedelec. Die Eurobike hat wieder einmal alle Geschmäcker bedienen können. Photo: Eurobike
Die großen Trends Urban Mobility mit dem gewaltig wachsenden Segment der Pedelec oder etwas sportlicheren E-Bikes sind nicht zu übersehen. Ein gewaltiges Potential öffnet sich gerade für den Fachhandel im großen Kundensegment der sogenannten Best Ager, die mit E-Bike und Co. ihre Mobilität länger erhalten oder ausweiten können. Doch auch für die sportlichen Fahrer aller Facetten war wieder viel geboten, die Bikes entwickeln sich definitiv weiter. Elektronik und Präzisionstechnik wohin das Auge schaut. Ausgewählte Produkte werden in loser Reihenfolge zukünftig an dieser Stelle vorgestellt.

Doch ein Umstand fällt auf. Die Messe kommt an ihre logistischen Grenzen. Der morgendliche Verkehrsinfarkt ist mittlerweile Standard, Unterkunft und Logis im weiteren Umnland oder Camper erinnert ein wenig an die Zeit der Internet Blase auf der CEBIT, Hannover. Aussteller, die seit Jahren um einen Platz kämpfen, müssen sich auf eine Warteliste eintragen, weil das Messegelände den Anfragen nicht mehr Rechnung tragen kann.

Hier besteht handlungsbedarf, sonst werden die Stimmen für einen Umzug zur Messe München in Qualität und Quantität lauter werden. Das Flair der Eurobike macht aber auch die räumliche Knappheit am Bodensee, gewachsen aus 20 Jahren steter Entwicklung aus.

Montag, 5. September 2011

Powerman - extra lang und extra hart, das zarte Pflänzchen Duathlon


Duathlon gilt nicht zu Unrecht als der weitaus härtere Bruder des Triathlons und kann insbesondere auf den längeren Strecken auf eine reichhaltige Tradition zurückblicken. Die sportliche Wertigkeit schützt den Multisport aber nicht vor der kleinen Dauerkrise, in der er sich befindet.
Kenny Souza  (King Kenny) bei den World Duathlon Championship in Cathedral City (1990), Kalifornien. Photo: Rich Cruse
Die Kurse von Spalt oder Zofingen mit seiner Erstauflage 1989 sind brutal. Nach 10km Laufen auf welligem Terrain folgen 150km auf dem Rad mit dem gefürchteten Bodenburg Anstieg und erneutem Aufgalopp zu Fuß. Über die letzten 30km kann jeder Zofingen-Teilnehmer über einen Ironman jenseits der beeindruckenden Bergkulisse von Lanzarote nur müde lächeln.

Athleten mit starken Charaktereigenschaften, wie den auch bei niedrigen Temperaturen und Schneefall in Badehose, Tanktop startenden Amerikaner Kenny Souza. Löwenmähne und der neueste Schrei von Oakley auf der Nase gehörten zum Standardrepertoire. Urs Dellsperger, Olivier Bernhard oder Andreas Rudolph haben den Mythos Zofingen ebenfalls mitbegründet. Die Top-Triathleten und Radsportler ihrer Zeit Paula Newby-Fraser, Natascha Badmann, Karin Thürig, Scott Molina, Jürgen Zäck,  oder auch Duathlon Weltmeister (1994) Normann Stadler standen zum Teil erfolgreich hinter der Startlinie des Events. In den letzten  Jahren war Zofingen in fester Hand von Erika Csomor, Benny Vansteelant († 2007) und Jorie Vansteelant.

Duathlon hatte eine einmalige Chance, als Detlef Kühnel - nicht ganz uneigennützig - in Spalt einen Duathlon ganz nach Zofinger Muster als Qualifikationsevent des damaligen Ironman Europe in Roth installieren wollte. Er scheiterte am Widerstand der Athleten und auch des Lizenzinhabers WTC. Duathlon ist nach dieser vergebenen Chance einer Annäherung an den großen Bruder Ironman nach kurzen und intensivem Längenwachstum nie über den Status des zarten Pflänzchens hinausgekommen. 

Wo liegen die Ursachen begründet? Auf der Haben-Seite kann der Duathlon das Fehlen der ersten Triathlondisziplin für sich verbuchen. Kein Schwimmen bedeutet weniger Trainingszeit in einer technisch schweren Disziplin mit der wohl größten Hürde für Neu- und Quereinsteiger. Ebenfalls ein großes Plus ist die längere Saison in Europa. Während die Triathleten noch bei den Gedanken an offene Gewässer und unbeheizte Freibäder im Februar bis April in Mitteleuropa bibbern, geht es im Duathlon schon kräftig zur Sache. Vergleichbares gilt für den Spätsommer, Herbst und Winter.

Das große Soll liegt im konditionellen Anforderungsprofil. Nach einem fordernden Lauf, müssen die ermüdeten Beine auf dem Rad ebenfalls Leistung zeigen, um beim zweiten Lauf endgültig zerstört zu werden. Die pure Härte des Duathlonsports, auch bei den kürzeren Distanzen macht den "Triathlon der Nichtschwimmer" herausfordernd und abschreckend zugleich.

Duathlon hat zudem ein Imageproblem. Es haftet den Athleten etwas vom Lager der Läufer an. Keine breitschultrigen Astralkörper, wie sie im Triathlon zu finden sind. Vor dem Start wabert auch beim Duathlon aus dem Heer der schmalen Oberkörper in bunten Rennradtriktots, die auf unrasierten Beinen sitzen ein wilde Mischung aus Massageölen, abgestandenem Schweiß aus diversen Kleidungsschichten und Angst in der Luft. Von optischen Highlights wie Souza und den Ausflügen der Triathlonstars abgesehen gilt: keine Lava, keine knappen Hosen, weniger Hightech. Duathlon ist konservativ, der Rennverlauf leider noch berechenbarer als im Triathlon.

Die Inhaber und Franchise-Nehmer der Powerman World Series versuchen seit 3 oder 4 Jahren an den richtigen Stellen anzusetzen. Die erstmalig nach langer Zäsur gemeinsam mit der International Triathlon Union durchgeführten Weltmeisterschaften von Zofingen-Macher Stefan Ruf resultierten in einer erkennbaren Vergrößerung des Startfeldes. Sie laden die führenden Special Interest Magazine zu den Wettkämpfen ein, bemühen sich bei den Verbänden für Lobbyarbeit und solide Nachwuchsarbeit, stellen die Distanzen auf den Prüfstand und ergänzen sie um einsteigerfreundliche Formate. Umfangreiche Bild- oder Videogalerien aus den Anfängen sucht man indessen vergeblich. Die gefühlvolle Rettungsaktion ist ein sensibler und langfristiger Prozess, der in der sommerlichen Hauptsaison massiv von der Kannibalisierung durch den boomenden Triathlon bedroht ist.

Seit 1999 konnte sich die Anzahl der Starter in Zofingen von 60 (1999) auf 406 (2011) steigern. Noch in den Jahren 2007 (235) und 2008 (193) waren die Finisherzahlen auf einem Niveau einer aktuellen Erstauflage eines Volkstriathlons eines beliebigen deutschen Städtchens. Ingesamt eine Wachstumsrate, die von zwischenzeitlichen Dellen und einer in den 90er Jahren durchaus prosperierenden Weltserie begleitet wurde und am Scheideweg steht.

Duathlon vor neuen Herausforderungen. Neue Formate im Triathlon mit sehr kurzen Schwimmstrecken, Staffelformate, Etappenrennen und Cross-Triathlon reizen viele Quereinsteiger, die statt beim Duathlon mittlerweile den direkten Weg zum Triathlon oder einem seiner Derivate finden.

Die Kombination aus Laufen, Radfahren und Laufen wird wohl dauerhaft das zarte Pflänzchen bleiben. Sportlich mehr als Ungerecht, dem Charme der kleinen eingeschworenen Gemeinde der Duathleten kann man sich aber dennoch schwerlich entziehen. Vielleicht ist es für den Sport die bessere Lösung, um familiärer, authentischer und ehrlicher zu bleiben.