Der Turnverein Germania Buschhütten 1885 e.V. ist ein
traditioneller Verein im Siegerland. Wohl kein Außenstehender, geschweige denn
eines der 661 Vereinsmitglieder hätte davon zu träumen gewagt, dass der erste
in Buschhütten abgehaltene Triathlon aus dem Jahr 1987 mehr als einen kleinen
regional begrenzten Boom auslösen würde. Zieht man Parallelen zum Fußball
müssen das nach einem Sponsor benannte Team und der FC Bayern München in einem Satz dicht
nebeneinander fallen. Der Erfolg ist bei beiden Institutionen hausgemacht. Ist das Verschieben des Kräftegleichgewichts in der Triathlon-Bundesliga mittelfristig ein Problem für Attraktivität und Erfolg der Wertung?
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Das EJOT Team Buschhütten ist in der ersten und zweiten Bundesliga der Herren eine feste Bank. Photo: TV Buschhütten |
Bereits im vierten Jahr nach der Erstauflage des familiär
und hochprofessionell durchgeführten Triathlons wird die zentrale Schnellstraße
in dem schmalen von Wäldern umgebenen Tal ehemaliger Schwerindustriegewerbe
freigegeben. Ein erster und wichtiger politischer Erfolg für die regionale Triathlonentwicklung. Was danach folgt räumte die Bahn frei für eine einmalige
Erfolgsgeschichte, die dabei ganz bodenständig daherkommt. Welche Auswirkungen
hat der mittel- und langfristige Erfolg eines Teams auf die Deutsche Triathlonliga,
wenn er mit zunehmender Dominanz gelingt?
Fleiß, Integrität und Loyalität aller Beteiligten bahnen den
Weg für erste sportliche Erfolge, als 1994 Stefan Balzer in den Kader des NRWTV aufgenommen und Erhard Hofmann Westdeutscher
Meister wird. Erstaunlich skandalfrei und ohne Allüren konnte das große,
ehrenamtlich tätige Team um die Organisatoren Sabine und Rainer Jung, Hauke Horstmann,
Marco Göckus, Ralf Schneider, Carsten Wunderlich sowie dem Vereinsvorsitzendem Volker
Knuff wichtige regionale Sponsoren, wie EJOT, Siegerländer Industrieverpackung (SIV) und Krombacher hinter Veranstaltung und Teams vereinen. Der stetig wachsende Erfolg
der letzten Jahre seit dem Debüt in der Bundesliga 2001 sorgt allerdings nicht
nur in der Liga für Unmut und Neid.
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Teammanager Rainer Jung hat zusammen mit seinem Team wahrscheinlich die wenigsten Managementfehler aller Teams der letzten Jahre gemacht. Die nächsten drei Jahre könnte die Buschhüttener Ära in der Bundesliga werden. Photo: TV Buschhütten |
„Es macht keinen Sinn mehr Talente aufzubauen, ab einem
gewissen Punkt fischt sie uns Buschhütten ab“ hört man von einem Verein aus dem
Rheinland, der viel Ressourcen in die Nachwuchsarbeit steckt und selbst
Ambitionen in der Liga hat. Richard Gutt, Teamleiter aus Witten, die über
Jahre auf Platz und Sieg in den Ligen der Damen und Herren gebucht waren, wird
konkreter. „Buschhütten hat einen Kader von etwa 24 Personen. Wo soll das denn
noch hinführen?“ führt er die Probleme aus, an leistungsfähige Triathleten zu
kommen.
Witten, 2011 von vier verletzungsbedingten Ausfällen hart getroffen, hadert sichtlich
mit der „neuen Rolle“ als Nummer 2 bei den Herren, trägt das durch viele
Pleiten Pech und Pannen geprägte aktuelle Jahr aber mit sportlicher Fassung.
Dabei wird die wahrscheinliche, nachträgliche Zusprechung des Meistertitels
2010 in der
Affäre um Thomas Springer ein kleiner Trost für die völlig
verkorkste Saison 2011 sein.
Tatsächlich könnte
Buschhütten bei konservativer Kalkulation relativ leicht und selbstbewusst 2-3
Teams in die höchste deutsche Spielklasse entsenden. Neben deutschen Talenten
und Stars, versammelt sich bei Starts der Buschhüttener regelmäßig eine kleine
Weltauswahl, angeführt von deutschen Top-Stars – kostenfrei ohne jedes Antrittsgeld für die
Veranstalter eines Ligarennens: Maik
Petzold, Andreas Raelert, Michael Raelert, Jonathan Zipf, Brad Kahlefeldt, Frederic
Belaubre, Ivan Vasiliev und Denis Vasiliev sind nur die Spitze des Eisbergs.
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Zwischenzeitlich waren sie wohl alle einmal nicht nur in Buschhütten, sondern auch für Buschhütten am Start. Photo: TV Buschhütten |
Ausleihen von Athleten? Nicht machbar. Durch die Präsenz in
zwei Ligen und zahlreichen höherklassigen Einsätze der Top-Scorer in European
Cup, Weltcup und World Series oder im Ironman Triathlon schrumpft der auf dem
Papier unerschöpfliche Kader anhand von
Terminkollisionen deutlich zusammen.
Banker und Teammanager Jung fasst den
momentanen Drive bei Germania Buschhütten zusammen. „Bei Erfolg arbeiten viele Vereinsmitglieder gerne ehrenamtlich
mit. Wir müssen sehen, dass es so bleibt, wenn es mal nicht mehr ganz so gut laufen
sollte.“ Derzeit gibt es keine Anzeichen, dass es für die selbstbewussten und streitbaren Siegerländer, die aktuell auch eine Einbindung ihres eigenen Rennens in die Bundesliga
nicht fördern, nicht weitergehen sollte.
Was müssen die DTU, die mit der Ligadurchführung beauftragte Triathlon Bundesliga GmbH und anderen Vereine also tun, damit die Bundesliga nicht an sportlicher Spannung
verliert?
Aktuell spielen neben Witten lediglich zwei oder drei andere
Vereine in vergleichbarer wirtschaftlicher und sportlicher Klasse. Die Schere
zwischen Spitze und abfallendem Mittelfeld und hinterem Drittel wird von Jahr
zu Jahr größer. Tatsächlich droht der DTL durch die Buschhüttener Übermacht bei den Herren gepflegte Langeweile. Auch daher kommt, wie in guten
Münchener Ligajahren der Vergleich mit dem FC Bayern.
Ein Finanzausgleich und wirtschaftliche Regulierung durch
den Verband, wie bei den maßlos überschuldeten Fußballvereinen aus England oder
dem FC Barcelona ist im Triathlon nicht nötig. Die anderen Vereine müssen
schlicht die Qualität ihrer Arbeit in vielen Bereichen optimieren und
finanziell einen wichtigen Schritt nach vorne schaffen. Sonst droht der Anschluß dauerhaft verloren zu gehen.
Der Siegerländer Erfolg
ist selbstgemacht, Versäumnisse anderer Vereine können und dürfen Buschhütten nicht negativ auferlegt werden. Vielleicht kann Buschhütten auf den ein oder anderen Athleten
im Kader verzichten, ihn an den erweiterten Wettbewerb oder andere Ligen ausleihen
und dadurch auch den Druck vom Transfermarkt nehmen. Eine Beschränkung der Kader ist auch der einzige Ansatzpunkt, an dem die Deutsche Triathlon Union oder die Triathlon Bundesliga GmbH als Regulativ eingreifen könnten. Zwingender Bedarf für diesen Eingriff von Außen ist nicht in Sicht.