Samstag, 22. September 2012

Unruhe im Bayerischen Triathlon Verband: Oberbayern und Mittelfranken skeptisch über aktuellen Weg von Peter Pfaff

Dr. Edgar Michel, Vorsitzender des Bezirks Mittelfranken gilt als pragmatischer Vertreter seiner Zunft. Lange Jahre trug er die Entscheidungen des Präsidiums des Bayerischen Triathlon Verbands unter der Führung von Peter Pfaff mit. Diesen Zeiten scheinen nach langem Kampf um mehr Offenheit, Transparenz und demokratische Diskussionskultur innerhalb des BTV vorbei. Mittlerweile stellen sich zwei große Bezirke mehr oder minder öffentlich gegen die Wiederwahl von Peter Pfaff, weitere der fünf verbleibenden Bezirke sollen folgen. Oberbayern etwa ist der größte Bezirk in Bayern. Er repräsentiert 110 Vereine, das sind mehr als ein Drittel aller Triathlonvereine in Bayern. Gemeinsam kratzen die beiden großen Bezirke Oberbayern und Mittelfranken bereits an der einfachen Mehrheit bei den Abstimmungen im BTV.
Die Vorsitzenden der Bezirke Oberbayern und Mittelfranken sprechen sich gegen eine Wiederwahl von Peter Pfaff aus. Sofern der aktuelle Kurs beibehalten wird und keine massive Korrektur stattfindet. Unter dem Vorbehalt, dass alle angeschlossenen Vereine den Empfehlungen der beiden Bezirksvorsitzenden folgen, könnte schon jetzt eine Mehrheit bei den Wahlen am 13. Oktober 2012 erreicht sein. Welche Kandidatin oder welcher Kandidat vereint dann die Stimmen auf sich und kann ein arbeitsfähiges Präsidium aufbauen? Der 13. Oktober 2012 wird es zeigen. Photo: Wikimedia - CeCILL-Lizenz 
Ausschlaggebend für den Stimmungswechsel war wohl ein Veranstaltertreffen innerhalb Bayerns.  Zu diesem Treffen im Februar 2012 waren auch Björn Steinmetz als stellvertretender Sprecher aller 16 Landespräsidenten und DTU-Geschäftsführer Matthias Zöll informell aus den bayerischen Bezirken eingeladen worden. Die Sichtweise der DTU und auch des Sprechers zum schwelenden Disput zwischen BTV und DTU, bzw. den restlichen Landespräsidenten sollte gehört und diskutiert werden. Das erklärte Ziel war die Schaffung eines objektiven Meinungsbildes, um eine bestmögliche demokratische Entscheidungsfindung der bayerischen Delegierten sicherzustellen. Nachdem sowohl Zöll, als auch Steinmetz, der neben der Präsidentschaft im BWTV auch erfolgreicher Eventveranstalter im Kraichgau ist, auf der Versammlung nicht zugelassen wurden und auch Felix Walchshöfer durch Präsident Peter Pfaff erfolglos des Raumes verwiesen werden sollte, ist etwas klar geworden*. Dem Bezirksvorsitzenden Edgar Michel ist deutlich geworden, dass es offensichtlich ein massives Kommunikations- und Diskussionsdefizit in der Spitze des BTV gibt.
Ein Phänomen, das sich auch im selektiven und ganz speziellen Umgang mit der Fachpresse und ihren zugehörigen Triathlon-Foren darstellt. Diese Kommunikationsdefizite, wenn man sie so nennen möchte, sollen bei den Präsidiumswahlen am 13. Oktober 2012 in Emsing durch personelle Umstellungen in der Führung oder einen expliziten Auftrag der Bezirke für eine geänderte Politik behoben werden. Alle Beteiligten haben das Wohl des BTV im Blick und sehen den Disput um Kommunikationsstil, die ausstehenden Abgaben und den daraus folgenden DTU-Ausschluss als zentrale Punkte die einer Neuregelung bedürfen.

Der Bezirk Mittelfranken probt spätestens seit dem Rauswurf von Zöll und Steinmetz den Aufstand gegen den Kurs des BTV und seinen Präsidenten Peter Pfaff. Sicherlich auch ein Grund für das Ausscheren ist die geografische Nähe zu Challenge Roth Boss Walchshöfer. Grund in dem Sinne, dass die Meinungsbildung und der Erkenntnisgewinn in Mittelfranken schlicht und ergreifend weiter vorangeschritten sein dürften, als in anderen Bezirken des BTV. Michel ist aber nicht alleine. Wolfgang Klinger, Bezirksvorstand Oberbayern hat in einem Schreiben an die Vereine diese gebeten gegen die Wiederwahl von Peter Pfaff zu stimmen und schreibt bereits von einer Trendwende. Die Unterstützung von Pfaff bei den Bezirken sei im Umbruch befindlich:

"Für mich steht auf alle Fälle fest, dass Peter Pfaff um keinen Preis bereit ist, mit der DTU zu verhandeln oder sich auf eine offene Diskussion im Rahmen einer Veranstaltung wie den beiden oben erwähnten einzulassen, sondern beschränkt sich rein auf juristische Mittel.


Einen Verband auf diese Art und Weise zu führen, das geht m.E. überhaupt nicht. Ich selbst bin ja eher jemand, der auf Harmonie und gute Zusammenarbeit setzt. Interessant ist auch, dass Bayern als einziges Land gegen die Beschlüsse der DTU zur neuen Gebührenordnung gestimmt hat, also 15:1 war damals die Abstimmung. Und noch interessanter die Begründung, warum Bayern so allein da steht: die anderen Länder hätten von der DTU Geschenke bekommen, das wollte Peter Pfaff bei dem Veranstaltertreffen aber nicht näher erörtern. Auch der Beschluss, den BTV auszuschließen, erfolgte mit 15:0 Stimmen. Meint der BTV, dass die Vertreter aller anderen Länder willenlose Ja-Sager sind, die den Vorschlägen der DTU zustimmen, ohne darüber nachzudenken ? Ich kann mir das jedenfalls nicht vorstellen. Zu bedenken ist auch, dass mit dem Prozess des BTV gegen die DTU viel Geld ausgegeben wird – ich schätze zwischen 5.000 und 10.000 Euro [Anm. d. Red.: laut Recherche beträgt der Kostenaufwand bis dato 2.490,19 Euro inkl. Umsatzsteuer], Geld, das ja aus Eurem Geldbeutel kommt, sprich Startpass –und Veranstaltergebühren.

[...]

Die Forderungen der DTU gegen den BTV sind sicher überzogen und Dr. Martin Engelhardt hat sicher keine saubere Weste, was seine Vergangenheit als Funktionär angeht, aber sich so konsequent einer Suche nach einem Kompromiss aus dem Weg zu gehen wie es der BTV derzeit macht, kann ich nicht nachvollziehen.

[...]

Ich empfehle den Vereinen daher, gegen eine Wiederwahl von Peter Pfaff als BTV-Präsident zu stimmen. Und bitte Euch zugleich, so zahlreich wie möglich beim Verbandstag am 13. Oktober zu erscheinen. Unter den Bezirksvorsitzenden ist schon eine Mehrheit gegen Peter Pfaff."

Parallel zur Diskussion um die Wahlen im Oktober bereiten einige Vereine bereits die Gründung eines alternativen Triathlon Verbands für den Fall vor, dass sich der aktuell eingeschlagene Kurs des BTV nicht mehr korrigieren lässt. Ein Szenario, das sich weder der Triathlon in Bayern, noch die DTU und die restlichen 15 Landesverbände wirklich wünschen können.

Wie die nächsten Wochen bis zum 13. Oktober auch weiter verlaufen werden, Wiederwahl, Entlastung des Präsidenten und des Vorstands oder genau das Gegenteil... Für die Bezirke Oberbayern (Wolfgang Klinger), Niederbayern (Wolfgang Schlicht), Oberpfalz (Gerd Rucker), Oberfranken (Wilfried Ullmann), Mittelfranken (Dr. Edgar Michel), Unterfranken (Georg Welsch) und Schwaben (Erich Gruber) stehen intensive Zeiten bevor, die das Ehrenamt zusätzlich belasten. Sportlich verspricht der 13. Oktober mit der Weltmeisterschaften im Ironman Hawaii Triathlon zumindest die ein oder andere solide Leistung aus Bayern. Schließlich sind zahlreiche bayerische Altersklassenathleten und Profis für Kona qualifiziert. Peter Pfaff wird derweil sicherlich an seinem allerletzten offenen Brief feilen...


* Update vom 27.09.2012: in einer ersten Version wurde irrtümlich nicht BTV-Präsident Peter Pfaff für den versuchten Rauswurf von Felix Walchshöfer verantwortlich gemacht. Bitte die entsprechende Richtigstellung beachten.

Abacusspielereien: Worum geht es beim Konflikt zwischen dem Bayerischen Triathlon Verband und der Deutschen Triathlon Union eigentlich?

Die Landespräsidenten der Deutschen Triathlon Union (DTU) haben vor einer knappen Woche den Bayerischen Triathlon Verband (BTV) aus dem Dachverband ausgeschlossen. Die Hintergründe des Streits sollen kurz beleuchtet werden, die mittlerweile inkl. verschiedener Nebenkriegsschauplätzen zu Anwaltskosten in Höhe von rund 30.000,- bis 40.000,- Euro geführt haben sollen. Dem gegenüber stehen geschätzte "Zahlungsrückstände" des BTV an die DTU in Höhe von aktuell rund 50.000,- Euro. Wirtschaftlich vernünftig scheint dieser Konflikt also schon länger nicht mehr zu sein.
Wie man die Auseinandersetzung zwischen den 15 Landesverbänden der Deutschen Triathlon Union und dem Bayerischen Triathlon Verband auch betrachtet, rechnerisch zahlen die Zeche der Athlet und die Veranstalter mit seinen Abgaben. Photo: Wikipedia Commons, HB
Die Fakten:
  1. Der BTV war mit dem leider zu früh verstorbenen Wolfgang Pirl in der Abgabenkommission vertreten. Diese Kommission ist mit der Aufgabe zusammengetreten, die bestehende heterogene Abgaben- und Gebührenordnung und dazugehörige Politik zu konsolidieren. Insbesondere Großveranstaltungen erfüllten aus wirtschaftlich nachvollziehbaren Gründen nicht die pauschal abzuführenden 10%-Abgaben und handelten Sondervereinbarungen aus. Mal mit dem zuständigen Landesverband, mal mit der DTU direkt, insbesondere bei Meisterschaften. Hinzu kommt, dass Teile der strittigen Zahlungen auf einem 10 Jahre alten Regelwerk basieren und in der Vergangenheit offensichtlich nicht so deutlich eingefordert wurden, wie in der aktuellen Phase.
  2. Erst seit einem Personalwechsel in der DTU (vgl. 6) sind die demokratisch erzielten und später verabschiedeten Änderungen in den Ordnungen für den BTV nicht mehr tolerabel.
  3. Es gibt 2 Berechnungsgrundlagen der Mitgliedszahlen:

    a. auf Basis der Startpässe (sogenannte A-Zahlen)
    b. auf Basis der Zahlen, die ein Landesverband (LV) an den Landessportbund (LSB) meldet (sogenannte B-Zahlen). Die finanzielle Förderung von Trainern, Jugendlichen, etc. durch Mittel des LSB und weitere öffentliche Träger ist z.B. an die gemeldeten Sportler und Altersstruktur gebunden. In diesen Zahlen sind auch alle Familienmitgliedschaften, Nicht-Starter und Wellness-Triathleten ohne Startpass erfasst.

    In allen Landesverbänden weichen die Zahlen 3a und 3b mehr oder minder signifikant voneinander ab, weil dem LSB mehr Triathleten gemeldet werden, als Startpassbesitzer im jeweiligen Landesverband vorhanden sind. In Bayern liegt das Verhältnis von 3a:3b bei ca. 5.500:11.000 (1:2).

    Die Differenz aus 3a:3b gleichen eigentlich alle Landesverbände aus, indem sie die 3,- Euro Abgaben an die DTU schon seit Jahren nach oben angepasst haben. Von 5,- bis 17,- Euro ist eine weite Bandbreite zu finden. Tendenziell schrauben kleine Verbände mit einem hohen Anteil an Mitgliedern ohne Startpass diesen Anteil nach oben, um kostendeckend arbeiten zu können.

    Das verlangen die einzelnen Landesverbände an DTU-Abgaben für Erwachsene:

    • Baden-Württembergischer Triathlonverband 6,- EUR
    • Bayerischer Triathlon-Verband 3,- EUR
    • Berliner Triathlon Union 10,- EUR
    • Brandenburgischer Triathlon-Bund 5,- EUR
    • Bremer Triathlon Verband 6,- EUR
    • Hamburger Triathlon Verband 5,50 EUR
    • Hessischer Triathlon Verband 5,- EUR
    • Triathlon Verband Mecklenburg-Vorpommern 17,- EUR
    • Triathlon Verband Niedersachsen 13,- EUR
    • Nordrhein-Westfälischer Triathlonverband 7,- EUR
    • Rheinland-Pfälzischer Triathlon Verband 3,- EUR
    • Saarländische Triathlon Union 5,- EUR
    • Sächsicher Triathlon -Verband 11,- EUR
    • Triathlonverband Sachsen-Anhalt 6,- EUR
    • Schleswig-Holsteinische Triathlon-Union 8,- EUR
    • Thüringer Triathlon-Verband 10,- EUR

  4. Der BTV macht dies nicht und reicht (theoretisch) die Gebühren 1:1 durch. Nach dem Führungswechsel in der DTU und der Verabschiedung der Gebührenordnung hat er das Problem, dass er die Differenz aus 3a:3b (3,- EUR x ca. 5.500 Mitglieder) aus dem eigenen Budget drauflegen muss, um die Vorgaben des Dachverbands zu erfüllen. Oder er muss mehr Gelder einnehmen.

    Eine Übernahme der Mehrkosten hat Hessen z. B. unter dem damaligen Präsidenten Rolf Kather praktiziert, um zu hohe finanzielle Rücklagen auf Festgeldkonten abzuschmelzen, die sonst "die Gemeinnützigkeit gefährdet hätten". Dabei hätten sich Vorstand und Geschäftsführer beinahe vergaloppiert, weil sie etwaige Risikoposten bei den Einnahmen aus öffentlicher Hand nicht durch Rückstellungen im Haushaltsplan unterfüttert hatten. In der Folge ergaben sich eine Reihe von unpopulären Sparmaßnahmen bis hin zum abrupten Wechsel des Landestrainers und Landeskaderstützpunktes von Griesheim nach Darmstadt.

  5. Der BTV möchte für zurückliegende und aktuelle Jahre (ca. 15.000-18.000,- Eur / Jahr) nur die DTU-Startpasszahlen als Berechnungsgrundlage nehmen. Dies geht an jeder der z.T. seit rund 10 Jahren bestehenden Satzung/Ordnung vorbei. Der BTV möchte aber z.B. gleichzeitig das Stimmrecht in der DTU auf Basis der höheren LSB-Zahlen wahrnehmen. Hier ist der Widerspruch auch für den Laien erkennbar.

  6. Der aktuelle Dissens ist letztlich wahrscheinlich auch ein Stellvertreterkrieg für ehemalige Präsidiumsmitglieder. Für diese war dem Vertreter des BTV jede Ausgabe genehm. Massiv wurden etwa Aufwandsentschädigungen für Claudia Wisser und Ralf Eckert gestützt. Auch jene Ausgaben, die ohne detaillierte Prüfung potentiell die Gemeinnützigkeit der DTU gefährdet hätten. Gestützt wurden auch teure Prozesse, die meist in für die DTU unangenehmen, weil kostspieligen Vergleichen mündeten. Exemplarisch sei an die Kündigung des damaligen Geschäftsführers Jörg Barion erinnert.